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Politik - 11.11.2018

„Nationalismus ist Verrat“: Merkel und Macron rügen Trump in Paris

Ein Demonstrant in Paris teilt die Ansicht des französischen Präsidenten und der Bundeskanzlerin.


US-Präsident Trump bezeichnet sich selber als Nationalist. „Verrat am Patriotismus“, hält ihm der französische Präsident bei der Gedenkfeier zum Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs entgegen. Auch die Kanzlerin warnt vor „nationaler Selbstherrlichkeit“.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben anlässlich des 100. Jahrestages des Endes des Ersten Weltkriegs vor einem Rückfall in den Nationalismus gewarnt. "Patriotismus ist das genaue Gegenteil von Nationalismus. Nationalismus ist Verrat am Patriotismus", sagte Macron bei den zentralen Gedenkfeierlichkeiten vor rund 70 Staats- und Regierungschefs in Paris.

Auch Merkel warnte vor "nationaler Selbstherrlichkeit und militärischer Überheblichkeit". Der Erste Weltkrieg habe gezeigt, wohin das führen könne, sagte sie bei einem Friedensforum in Paris. Sie sei in tiefer Sorge, dass sich wieder "nationales Scheuklappendenken ausbreitet". "Wir sehen doch, dass internationale Zusammenarbeit, friedlicher Interessenausgleich, ja selbst das europäische Friedenswerk wieder in Frage gestellt werden", beklagte sie.

Merkel und Macron setzten damit ein Zeichen gegen die Politik von US-Präsident Donald Trump, der das nationale Interesse der USA in den Vordergrund stellt und den Multilateralismus ablehnt. An dem Forum nahm der US-Präsident nicht teil: Er besuchte einen Soldatenfriedhof. Neben Trump gehörte auch Russlands Präsident Wladimir Putin zu den Ehrengästen.

Trump, der sich selber als Nationalist bezeichnet und eine "America First"-Politik verfolgt, verzog während der 20-minütigen Rede des französischen Präsidenten keine Mine. Weder vom US-Präsidialamt noch aus Russland gab es zunächst Reaktionen auf den Appell.

Am Rande der Feierlichkeiten kam es zu einem Zwischenfall. Eine Aktivistin der Frauenrechtsgruppe Femen rannte auf die Autokolonne von US-Präsident Donald Trump zu als dieser auf dem Weg zum Arc de Triomphe war. Auf ihren nackten Oberkörper hatte sie "falscher Friedensstifter" (Fake Peacemaker) geschrieben. Sie kam bis auf wenige Meter heran, bevor sie von der Polizei aufgehalten wurde.

Rechte Parteien im Aufwind

Bereits in der Woche vor den Feierlichkeiten wurde Macron bei Besuchen der Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs im Norden und Osten Frankreichs nicht müde, vor den Folgen des wiederaufflammenden Nationalismus zu warnen. Dieser bringe die Einheit, die in den vergangenen 70 Jahren in Europa sorgfältig aufgebaut wurde, in Gefahr.

Rechte oder populistische Parteien sind derzeit im Aufwind. So stellen sie in Europa unter anderem in Italien, Ungarn oder Polen die Regierung. In Österreich sind sie daran beteiligt. In Brasilien wurde gerade erst der ultrarechte Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten gewählt.

Macron erinnerte bei den Feierlichkeiten am Arc de Triomphe auch an die Millionen Toten des Krieges von 1914-1918. Es seien nicht nur zehn Millionen Soldaten ums Leben gekommen, sondern auch Millionen Frauen zu Witwen und Kinder zu Waisen geworden.

Gauland kritisiert deutsche Teilnahme

Bereits am Samstag hatten Macron und Merkel in Compiegne der Toten gedacht. Dort wurde in den frühen Morgenstunden vom 11. November 1918 in einem Eisenbahnwagon der Waffenstillstand geschlossen. Um 11.00 Uhr schwiegen dann die Waffen. Es war das erste Mal, dass ein Bundeskanzler an diesem Gedenken teilnahm.

Ebenfalls zum ersten Mal legte mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in London ein Vertreter Deutschlands einen Kranz bei den Feierlichkeiten im Beisein von Königin Elizabeth und Prinz Charles nieder.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland kritisierte die Teilnahme Deutschlands an der Gedenkveranstaltung in Paris. Er halte es für falsch, Geschichte nachträglich umzuschreiben und sich an der Siegesfeier der damaligen Verbündeten nachträglich zu beteiligen, sagte Gauland in der ZDF-Sendung "berlin direkt". Deutschland habe den Krieg verloren und die Politik, die zum Ersten Weltkrieg geführt habe, habe viele Schuldige. "Wir können uns aber nicht am Ende in einer historischen Situation, die abgeschlossen ist, auf die Seite der Sieger schlagen und jetzt vielleicht neben Herrn Macron durch den Arc de Triomphe marschieren."

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