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Kultur - 26.10.2018

„Babylon Berlin“: „Ich schlafe doch mit jedem“ – so verrucht war das Berlin der 20er Jahre

In „Babylon Berlin“ wird die Hauptstadt als verruchtes Sündenbabel dargestellt: Drogen, Prostitution und Vergnügungstempel an jeder Ecke. Doch stimmt das? Die nackte Wahrheit über das Berlin der 20er Jahre.

Das „Moka Efti“ ist in der TV-Serie „Babylon

Berlin“ Vergnügungstempel und Sündenpfuhl zugleich. Hier treffen sich partyhungrige Berliner, halbseidene Geschäftsleute und Prostituierte, die ihre Dienste anbieten. Die Wahrheit ist: Das „Moka Efti“ war zwar ein beliebter Tanzclub, doch dort ging es weit weniger verrucht zu, als die TV-Serie uns glauben machen will.

Nackt-Revues mit Tänzerinnen im Bananenröckchen gab es im Berlin der 20er Jahre trotzdem. Eine der bekanntesten hieß „Zieh dich aus“ in der Komischen

Oper in der Friedrichstraße. (Der damalige Begriff des Theaterhauses bezog sich auf die Pariser Opéra-Comque und hat nichts mit der heutigen Komischen Oper in Berlin zu tun). Der Name war Programm. Im Programmheft zur Show hieß es wenig zweideutig: „Ein Abend ohne Moral … unter Mitwirkung von preisgekrönten 60 Akt-Modellen.“

Anita Berber in einer Tanzrevue. Sie wurde nur 28 Jahre alt.

Lange Beine und Busen lenken vom Alltag ab

Geboten wurde den Zuschauern eine freizügige Show im Stile langbeiniger Chorus-Girls, wie man sie am Broadway in New York kannte. Dazu Gesangsnummern, Sketche und Exotik. Ein bunter Abend, um das nach Unterhaltung gierende Berliner Publikum zu zerstreuen und von den Problemen und Nöten des Alltags abzulenken.

Neben den 60 Damen, von denen die meisten nackt zu sehen waren, spielte ein Schauspieler in „Zieh dich aus“ mit, der wenige Jahre später zum großen Tonfilmstar aufsteigen würde: Der blonde Hans,

Hans Albers, gastierte in „Zieh dich aus“ als „Baron Felix“. Schon damals verkörperte er den Mädchenschwarm.

Mit zu viel Nacktheit befasste sich der Reichstag

Verantwortlich für die Inszenierung war ames Klein. Der Theaterproduzent machte schon zehn Jahre zuvor von sich reden. Weil er im Ballett „Der Venusberg“ nackte Tänzerinnen zeigte, beschäftigte sich der Reichstag mit dem Vorgang. Sittenwächter kämpften gegen zu viel Nacktheit – jedoch ergebnislos. Klein machte die Kunstfreiheit für sich und seine nackten Tänzerinnen geltend. Mit Erfolg.

Neben der Komischen Oper gab es mit dem Admiralspalast und dem Großen Schauspielhaus zwei weitere Orte, in denen frivole Shows gezeigt wurden. Eine der größten Stars war Anita Berber. Die kokainabhängige Nackttänzerin begeistert die Männer jeden Abend aufs Neue. Ihr Ausspruch, um die gierenden Kerle zu beruhigen ist legendär: „Seid ruhig, ich schlafe ja doch mit jedem von euch!“ Berber verkörpert die Verlockungen und Abgründe jener Zeit wie keine andere. 1928 starb sie an einer Überdosis Kokain.

Fünf Jahre später endete die Freizügigkeit Berlins, die Touristen aus aller Welt anlockt, jäh mit dem Beginn der Nazizeit. Hätten die Berliner geahnt, auf welche Katastrophe sie zusteuern, sie hätten bestimmt noch wilder und ausgiebiger gefeiert.

Im Video: Wer sind die Schauspieler von Babylon Berlin?

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