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Kultur - 14.11.2018

Die Serie „Parfum“ setzt eine Duftmarke im deutschen Fernsehen

Die Krimi-Serie „Parfum“ spielt mit dem Mythos des Bestsellers von Patrick Süskind – mit herausragenden Schauspielern.

Friederike Becht spielt in „Parfum“ die Profilerin, die die Morde einer Internats-Clique aufklären will

Natürlich möchten sie, der Produzent und sein Team, gern wissen, was er, der Schriftsteller, wohl zu dieser Serie sagen würde. Die hätte es ohne ihn, den Schriftsteller, und seinen Roman ja gar nicht gegeben. Der Produzent Oliver Berben, dessen Unternehmen Constantin die Filmrechte besitzt, hat ihm, dem Schriftsteller, deshalb im vergangenen Jahr einen sehr freundlichen Brief geschrieben. Man arbeite gerade mit großer Begeisterung an einer filmischen Neuinterpretation seines Romans im Serienformat. Aber der Schriftsteller antwortete nicht.

Auch auf der Premierenfeier der Serie „Parfum“ in München wäre er willkommen gewesen, aber auch dort hat den Schriftsteller niemand gesehen. Es kann allerdings auch möglich sein, dass ihn nur keiner erkannt hat. Es kursieren gerade mal vier Fotos von Patrick Süskind, und sie alle stammen aus den 80er Jahren.

„Das Parfum“ wurde an vielen Schulen zur Pflichtlektüre

Kein anderer deutscher Autor ist ebenso berühmt und unbekannt zugleich wie Süskind: Mehr als 20 Millionen Mal verkaufte sich sein 1985 erschienener Roman „Das Parfum“. Ein Welterfolg, übersetzt in 48 Sprachen. Hierzulande zählt die Geschichte um den französischen Waisenknaben Grenouille, der junge Frauen auf der Jagd nach dem perfekten Duft ermordet und zerlegt, an vielen Schulen zur Pflichtlektüre.

Die berüchtigte Deutschleistungskurs-Frage „Was will uns der Autor damit sagen?“ müssen die Abiturienten sich selbst erarbeiten. Denn der aus Bayern stammende Süskind ist ein verschwiegenes Phantom. Seit 32 Jahren hat er kein Interview mehr gegeben, und er hat sich auch sonst aus der Öffentlichkeit verflüchtigt. Wie einer dieser vielen Düfte, über die er so sinnlich in „Das Parfum“ geschrieben hat, dass man beim Lesen immer wieder an den Seiten roch.

Diese poetische Leistung auf die Leinwand zu übertragen ist eine große Aufgabe. 2006 lieferte der Regisseur Tom Tykwer eine grundsolide Kinoverfilmung ab, aber sie kam bei allem Aufwand – die Produktion kostete 50 Millionen Euro – doch nicht an die Kraft des Buches heran.

Oliver Berben war fasziniert

Doch was wäre, wenn man das Buch und seine Wirkung selbst zum Motor einer neuen Geschichte machen würde? Oliver Berben, 47, sagt, auch er sei in den Achtzigern dem Buch geradezu verfallen. „Als Internatsschüler in Bayern habe ich den Roman kurz nach der Veröffentlichung verschlungen. Meine ganze Clique war plötzlich fasziniert von der Macht der Düfte. Welchen Einfluss sie auf die zwischenmenschlichen Beziehungen haben können. Ich erinnere mich, dass wir an Kleidungsstücken herumschnüffelten, um anhand des Geruches den Träger zu ermitteln.“ Mit dieser Jugenderinnerung beauftragte Oliver Berben vor zwei Jahren die Drehbuchautorin Eva Kranenburg mit einer Neuinterpretation des Süskind-Stoffes als Serie.

Das Wagnis hat sich ausgezahlt. Die sechsteilige Serie „Parfum“ ist schon in ästhetischer Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung auf dem weiten Feld der lustlos runtergekurbelten deutschen Krimi-Unterhaltung. Der Niederrhein sieht hier aus wie ein hochauflösender Fiebertraum von David Lynch – karg und grau, schaurig und verregnet. Nichts erinnert an die handelsübliche Optik des deutschen Primetime-Fernsehens.

Erzählt wird die Geschichte einer jungen Profilerin (Friederike Becht), die eine brutale Mordserie aufklärt, in die fünf ehemalige Internatsschüler verwickelt sind. In deren Köpfen spukt der mörderische Geist von Grenouille. Die Serie spielt auf zwei Zeitebenen und springt leichtfüßig zwischen Vergangenheit und Gegenwart, enthüllt Stück für Stück das abgründige Grauen.

Beeindruckendes Schauspieler-Ensemble

Als Teenager lesen die Freunde wie fanatisierte Sektenanhänger „Das Parfum“ , sind berauscht von der Vorstellung, selbst einen Duft herzustellen, der Macht verleiht über andere Menschen. Dabei experimentieren die Schüler nicht nur mit Chemikalien in Reagenzgläsern, sondern auch mit Mitschülern und Tieren. Die Anleitungen für Mord und die Kunst des fachgerechten Leichenzerlegens entnehmen sie dafür ihrer Süskind-Bibel, einer zerlesenen Taschenbuchausgabe von „Das Parfum“. Aufgedeckt werden ihre Verbrechen nicht.

Jahre später holt die Vergangenheit die Freunde wieder ein, weil mindestens einer von ihnen wieder auf den Geschmack gekommen ist. Schon die erste Leiche, eine alte Schulkollegin, wird kahl rasiert und mit aufgeschlitzten Achselhöhlen aufgefunden – und erinnert die mittlerweile Erwachsenen an die Verbrechen ihrer Jugend. Es ist ein beeindruckendes Schauspieler-Ensemble, das Regisseur Philipp Kadelbach („Unsere Mütter, unsere Väter“) für die Serie vor der Kamera vereint hat: Natalia Belitski, August Diehl, Ken Duken, Christian Friedel und Trystan Pütter spielen die mörderische Internats-Clique, die von manipulativen Beziehungsgeflechten durchzogen ist.

Was wohl der verstummte Meister Patrick Süskind von der Serie halten würde, das wüsste man auch als Zuschauer gern. Vielleicht schmeichelt es dem Schriftsteller ja, dass sein Buch nun zur Inspirationsquelle einer neuen aufregenden Geschichte wurde. Etwas Hoffnung auf ein Lebenszeichen gibt es: Patrick Süskind, inzwischen 69 Jahre alt, hat einmal gesagt, er wolle das Geheimnis um seine Person an seinem 70. Geburtstag lüften. Im März 2019 wäre es so weit.

Die Serie „Parfum“ ist ab 14. November bei ZDFneo oder in der ZDF-Mediathek zu sehen. Sie erzählt von einer Teenager-Clique, die angeregt von Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ einen geheimen Klub gründet, dessen Ziel die Kreation eines perfekten Duftes ist. Dafür gehen sie auch über Leichen. Jahre später kommt ihnen eine Ermittlerin auf die Spur.

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