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Kultur - 26.10.2018

Bodyguard: Diese Serie hat die Briten elektrisiert

Sie will nach ganz oben, in ihm brodelt die dunkelste Dunkelheit – dieses Liebespaar steht im Zentrum der erfolgreichen BBC-Serie. Jetzt kann man den Thriller um Bomben, Agenten und Politintrigen auf Netflix sehen.

Spoiler-Alert: Dieser Artikel versucht nicht zu viel zu verraten, aber wer wirklich gar nichts über die Handlung erfahren will, sollte jetzt nicht weiterlesen.

Wann auch immer eine attraktive Frau im Film einen Personenschützer anheuert, dauert es nicht lange, bis Funken sprühen. Das ist in der BBC-Serie „Bodyguard“ nicht anders als in früheren Produktionen des Genres. Wenn Machtfrau Julia Montague, gespielt von Keeley Hawes, sich in ihren Hotel-Appartement zur Nacht begibt, während ihr Personenschützer David Budd im Nachbarzimmer auf dem Bett liegt, fängt die Tapete auf der trennenden Wand buchstäblich an zu brennen.

Der Name verrät das Schicksal

Aus dieser Liebe wird nichts Gutes erwachsen. Das ist schon klar, bevor Julia Montague das erste Mal zu sehen ist. Vorname Julia und Nachname Montague stammen aus dem berühmtesten Polit-Liebesdrama der Geschichte: Romeo und Julia. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, die Liebe bei Shakespeare endet im

Tod.

Sechs Teile hat „Bodyguard“. Die Zeiten, dass TV-Produktionen „Straßenfeger“ genannt wurden, sind eigentlich vorbei. Doch „Bodyguard“ wurde zum nationalen Ereignis. Bis zu elf Millionen Zuschauer machten sie zur erfolgreichsten

BBC-Serie seit zehn Jahren. Und das, obwohl sie gegen die neue Top-Serie „Vanity Fair“ von ITV antrat. Kleiner Trost für ITV: Auch „Bodyguard“ wurde von ITV für die BBC produziert. Seit dem 24. Oktober gibt es die Serie auch auf Netflix.

Die Liebe einer mächtigen Frau 

„Bodyguard“ fügt der Beziehung von Personenschützer und Lady Momente hinzu, die man aus dem Blockbuster mit Whitney Houston und

Kevin Costner nicht kennt. Innenministerin Julia Montague ist eine Frau der Macht, immer und in jeder Lage „in Command“ und nie aus der Fassung zu bringen. Eine Law-and-Order-Lady, auf dem Weg an die Spitze des Königreichs.

Der schweigsame Budd reißt nicht wie Costner das Kommando an sich. Er ist Polizist, sie die mächtigste Ministerin des Kabinetts – das definiert die Rollen. Sie regiert, Budd wartet im Flur. Die Liebe einer Frau, die niemandem trauen kann, gewinnt der Leibwächter, so wie es das Genre verlangt, im Kugelhagel.

Sicherheitsroboter mit Psycho-Schäden

Der stoische Budd ist alles andere als ein Toyboy. Der ehemalige Elitesoldat ist schwer traumatisiert. Sein psychischer Zustand zerstörte seine Ehe, mit seiner Frau kann er nur telefonieren, wenn er betrunken ist. Vor den Vorgesetzen hält er seine Ausfälle und seine unbändige Wut streng geheim. Auf die Umwelt wirkt er wie ein Sicherheits-Roboter. Nur die Zuschauer bemerken, wie es unter dem unbewegten Gesicht unablässig arbeitet. Einmal bekommt Julia Montague einen Vorgeschmack über den wirklichen Zustand ihres Geliebten. Als sie ihrem Lover nachts zärtlich über das Gesicht streicht, wirft sich der Ex-Soldat auf sie. Eine Bewegung  aus dem Kampftraining. Oberkörper und ein Arm fixieren die Frau auf dem Boden, der freie Unterarm drückt auf ihren Kehlkopf. Budd tötet die Ministerin beinahe, bevor er zu sich kommt.

Klassischer Briten-Thriller

In „Bodyguard“ geht es um Intrigen, Anschläge und Morde – mit „House of Cards“ hat die Serie nichts gemein, auch wenn das Original der 

Netflix-Erfolgsserie ebenfalls von der BBC ausgestrahlt wurde. Das britische wie das amerikanische „House of Cards“ sind augenzwinkernde Inszenierungen, schon weil die Hauptfigur den Theatertrick nutzt, sich direkt an die Zuschauer zu wenden, und die Handlung zu kommentieren. „Bodyguard“ ist eine Serie in der Tradition der Thriller von John Le Carré. Die politische Welt wird unterminiert von Ränken und Intrigen. Um die eigenen Ziele zu erreichen, ist den Mächtigen jedes Mittel recht und jeder Bündnispartner willkommen. Dazwischen irrlichtern Attentäter und ausgebrannte Männern wie Sergeant Budd. Dieses Spiel der Macht wird auch von Julia Montague gespielt. In ihrer Welt will die Polizei die machthungrige Innenministerin nicht primär schützen. Sie soll ausgehorcht und blockiert werden. Ihr Bodyguard soll Informationen für ihre politischen Gegner sammeln. Montague hingegen stützt sich auf Dossiers der Geheimdienste, dem ewigen Rivalen der Polizeibehörden, um ihre politischen Gegner schachmatt zu setzen.

Typisch für die britische Tradition des Agenten-Thrillers entfaltet sich eine undurchsichtige Welt von Intrigen und Konter-Intrigen, in der niemand mehr den Durchblick behält und die Akteure früher oder später in die Abgründe stürzen, die sie selbst ausgehoben haben. Montague gehört zur Kriegspartei im Parlament. Egal ob Irak, Afghanistan oder sonstwo – Julia Montague hat stets dafür gestimmt, Soldaten zu schicken. Nun streichelt Personenschützer Budd nachts eine nicht registrierte Waffe, die er nur für einen „von denen da oben“ beschafft hat.

Wenn Frauen Kriege schaffen

Für eine wahrheitsgetreue Handlung ist es immer ein bisschen zu viel von allem. Auch haben die beiden letzten Folgen der Serie deutliche Längen und präsentieren eine Lösung, die man wohlwollend sehr überraschend nennen könnte. Realistisch ist „Bodyguard“ nicht, dafür intensiv. Das Ensemble schafft Momente, die man nicht vergisst und die weit über das Serieneinerlei hinausgehen. Dazu gehört die Trauer von Ex-Frau Vicky Budd, gespielt von Sophie Rundle, über ihren Mann, der den besseren Teil seines Wesens in Afghanistan verloren hat. Herausragend auch Nadia Ali (Anjli Mohindra), die sich als unterdrückte, verängstigte Muslimin tarnt und als stolze Dschihadistin die Fäden zieht.

Die größte Überraschung ist Hauptdarsteller Richard Madden als Sergeant Budd. Der gut aussehende Madden – weltbekannt als Robb Stark aus „Game of Thrones“ – erschafft einen einzigartigen, verstörten Psychopathen. Er erscheint als der geduldigste und zärtlichste Zuhörer der ganzen Welt und wird dabei von seinen Kriegserlebnissen und Gewaltfantasien zerfressen. Inzwischen wird Madden als neuer Bond gehandelt.

Keeley Hawes als Julia Montague schafft das Kunststück, mit vollen Zügen eine Politik durchzusetzen, die nicht nur Sergeant Budd ablehnt und gleichzeitig ein überzeugendes Bild einer mächtigen und doch liebenden Frau abzugeben. Montague und die anderen Frauen der Serie zeigen nebenbei eindrucksvoll, dass sich die Welt nicht in einen Streichelzoo verwandeln wird, wenn Frauen die Macht in den Händen halten. Im Land von der „Eisernen Lady“ Margaret Thatcher wundert das nicht.

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