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Politik - 04.11.2018

SPD soll Inhalte diskutieren: Nahles will „fetten Streit im guten Sinne“

Andrea Nahles weiß nicht, was es bringen soll, wenn man den Parteitag vorzieht.


Die herben Wahlniederlagen in Bayern und Hessen entfachen bei der SPD den GroKo-Streit neu. Von einem vorgezogenen Parteitag sieht Chefin Nahles allerdings ab und wünscht sich stattdessen klärende Gespräche innerhalb der Sozialdemokraten.

SPD-Chefin Andrea Nahles geht gegen ihre parteiinternen Kritiker in die Offensive. Sie führe die SPD mit all ihrer "Kraft, Leidenschaft und Zuversicht", sagte Nahles der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn jemand meint, es schneller oder besser zu können, soll er sich melden." Zugleich forderte sie ihre Kritiker zu mehr Ehrlichkeit und Offenheit auf.

Ihr Stellvertreter Thorsten Schäfer-Gümbel forderte die Partei auf, erkennbare Positionen zu beziehen, um wieder attraktiver zu werden. 64 Prozent der Menschen im Land wüssten nicht mehr, wofür die SPD noch stehe. Nach den beiden herben Niederlagen der SPD in Bayern und Hessen ist in der Partei der Streit über die Große Koalition wieder voll entbrannt.

Im Lager der Koalitionsgegner wird nicht nur offen für das rasche Ende von Schwarz-Rot geworben. Es mehren sich auch die Stimmen derer, die einen Neuanfang an der Parteispitze verlangen. Bei einer zweitägigen Klausur, die am Sonntagabend beginnt, will die SPD einen Zeitrahmen für die Umsetzung von Kernvorhaben in der Regierung festlegen. Nahles will zugleich den Vorstoß abwehren, den für Ende 2019 geplanten Parteitag samt Wahlen vorzuziehen und damit früher als geplant über ihre Zukunft sowie wohl auch über die der Koalition zu entscheiden.

Fetter Streit, der Klarheit bringt

"Vom Neuanfang in der Großen Koalition bis zur inhaltlichen Erneuerung der SPD unter Beteiligung der Parteimitglieder – da ist der Zeitpunkt für den Parteitag Ende 2019 schon extrem sportlich", sagte Nahles der SZ. "Ich möchte wissen, was es bringen soll, wenn man einen Parteitag vorzieht oder das Personal austauscht. Ich möchte auch, dass die Motive und Anliegen der Leute offen auf den Tisch gepackt werden." Sie halte es für notwendig, dass die SPD wieder über Inhalte debattiere. "Tatsächlich brauchen wir mal inhaltlich im guten Sinne fetten Streit, der dann aber auch mal was klärt", sagte die 48-Jährige.

Die im April ins Amt gewählte Vorsitzende räumte ein, viele hätten erwartet, dass sich die Partei stärker freischwimme und seien enttäuscht, weil das nicht gelungen sei. "Auch ich habe nicht damit gerechnet, dass alles so überlagert wird von den Streitereien in der Union." Insgesamt sei die Lage der SPD "sehr ernst".

Kühnert sieht GroKo-Bruch kommen

Schäfer-Gümbel sagte, auch wenn viele Menschen "nicht mehr wissen, was die SPD will", habe die Partei dennoch ein großes Wählerpotenzial. "80 Prozent wären grundsätzlich bereit, die Sozialdemokratie zu wählen", sagte Schäfer-Gümbel, der als SPD-Spitzenkandidat in Hessen vor einer Woche starke Verluste einstecken musste, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Sie brauchen nur mal einen guten Grund, und den gibt es eben nicht wirklich", konstatierte er.

Juso-Chef Kevin Kühnert bleibt bei seiner Forderung, den Bundesparteitag vorzuziehen. "Wenn man den Erneuerungsprozess beschleunigen will, muss man den Parteitag vorverlegen, mindestens in die erste Jahreshälfte 2019", sagte er der "Thüringer Allgemeinen". Kühnert sieht nach eigenen Worten in seiner Partei eine klare Stimmung für einen Bruch der Koalition. Diese habe sich nochmals deutlich verstärkt. "Ein Grund für die Lähmung der SPD ist, dass sich diese Stimmung nicht in der Spitze widerspiegelt."

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil macht für die jüngsten Wahlniederlagen der SPD das Erscheinungsbild seiner Partei verantwortlich: "Eine Partei, die nur um sich selbst kreist, darf sich über mangelnden Zuspruch nicht wundern", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die SPD müsse "Orientierung und Zuversicht" vermitteln und entschlossener auftreten. Er meine aber keine einzelne Person, "sondern die Körpersprache der ganzen Partei".

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