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Politik - 11.12.2018

Kidnapping für Erdogan?: Gülenisten angeblich im Ausland entführt

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, spricht bei einer Sitzung von Parlamentariern seiner regierenden Partei AKP.


Mehrfach werden anscheinend türkische Staatsbürger im Ausland entführt und gefoltert. Der Auftraggeber: Der türkische Präsident. Das Verbrechen: Sie unterstützen dessen Erzfeind Fethullah Gülen. Ein Recherchenetzwerk deckt das Treiben auf.

Männer in Uniform zerren das Opfer aus einem Wagen und danach in ein anderes Auto, eine Frau ruft verzweifelt um Hilfe – vergeblich. Diese Szene hat sich einem Bericht zufolge am 29. März 2018 am Stadtrand von Pristina abgespielt, der Hauptstadt des Kosovos. Sie soll die Entführung eines türkischen Mannes zeigen.

Das ZDF, das Recherchezentrum "Correctiv" und mehrere internationale Medien berichten gemeinsam über die Entführungen von angeblichen Staatsfeinden der Türkei aus anderen Ländern – "im Auftrag" von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Auch Foltervorwürfe werden laut. Zwei innerhalb der Türkei entführte Männer erzählen für den Report mit dem Titel "Black Sites Turkey" von angeblichen geheimen Folterstätten mitten in der Türkei.

Die Betroffenen des "Entführungsprogrammes" sind vor allem Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den die Türkei für den Putschversuch von 2016 verantwortlich macht. Das Gemeinschaftsprojekt beleuchtet die Umstände und die Systematik der Fälle. Neu sind die Berichte von den "Rückführungen" angeblicher Staatsfeinde aus dem Ausland, die Foltervorwürfe aber nicht. Nach dem Putschversuch von 2016 hatten Menschenrechtsorganisationen mehrfach gewarnt, dass Menschen an "nicht offiziellen Orten" gefoltert würden.

Die Türkei weist das zurück. Die Suche nach den Gülenisten im Ausland hält allerdings nicht einmal der Staat geheim. Betroffene werden nach ihrer Rückkehr mitunter in Handschellen fotografiert und deren Inhaftierung als Erfolg in Medien vermeldet. Über Fälle wie die versuchte Verschleppung eines türkischen Schuldirektors in der Mongolei Ende Juli wurde weltweit berichtet. Aber auch aus Pakistan, Malaysia oder Aserbaidschan wurden Fälle bekannt – bisher etwa 80 insgesamt, einer offiziellen, im Bericht zitierten Stellungnahme zufolge.

Wer genau hinter den Entführungen steckt, bleibt letztlich unklar. Die Rechercheure verfolgen ein Flugzeug, das mit den Rückführungen in Verbindung gebracht wird, zu einer Adresse nahe einer Geheimdienstzentrale in Ankara. Offenbar sind aber auch Behörden der jeweiligen Länder verstrickt. In dem Bericht heißt es: "Der MIT macht die Opfer ausfindig. Dann bringt er die Sicherheitsbehörden der Gastländer dazu, sie zu kidnappen und ihm auszuhändigen."

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