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Politik - 08.12.2018

Freude in Püttlingen: Wo Kramp-Karrenbauer „deheem“ ist

Im saarländischen Püttlingen geht es beschaulich zu, hier ist AKK zu Hause.


Die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hat ihre Wurzeln im Saarland. Von Püttlingen aus startete sie in die Politik, hier geht sie bis heute zum Friseur.

In Püttlingen ist die neue CDU-Vorsitzende einfach nur "es Annegret". Hier ist Kramp-Karrenbauer aufgewachsen, hier wohnt sie, hier kennt sie jeder. Noch kurz vor ihrer Wahl zur Nachfolgerin von Angela Merkel an die Spitze der Partei war sie "deheem": Sie ist mit Hund "Stiffler" durch den Park gewalkt und hat sich bei "Coiffeur Eric" die Haare schön machen lassen. Groß ist die Freude jetzt in ihrer Heimatstadt im Saarland über ihre Wahl: "Wir freuen uns riesig. Wir sind ungeheuer stolz auf sie", sagt Bürgermeister Martin Speicher.

"Hier hat ihre politische Karriere begonnen." Der CDU-Politiker steht vor dem Rathaus der schmucken Kleinstadt und zeigt auf ein Fenster des Gebäudes: "Es war da oben im Sitzungssaal." Gerade mal 21 Jahre alt war sie, als sie in den Stadtrat gewählt wurde. Später wurde sie dann Beigeordnete, bevor es sie erst in die Landes- und dann in die Bundespolitik zog. "Wir kennen uns schon ewig", sagt der 67-Jährige. "Sie weiß, was sie will. Das ist ganz klar. Man darf sie nicht unterschätzen."

"Klar bin ich stolz", sagt auch Kramp-Karrenbauers Bruder Hans-Günter Kramp. Der 61-Jährige ist der Kämmerer der Stadt und hat seiner "kleinen Schwester" die Daumen gedrückt. "Ich freue mich für sie, dass sie es erreicht hat." Annegret sei schon als Kind immer sehr wissbegierig gewesen, erzählt er. Als fünftes von sechs Kindern habe sie dabei gesessen, als ihre größeren Geschwistern am Küchentisch Hausaufgaben machten. "Sie hat dann Buchstaben gemalt. Und sie hat schon vor der Schulzeit angefangen zu lesen." Kramp-Karrenbauer habe immer viel gelesen. Sonntags nach dem Mittagstisch habe sie sich oft ein Buch geschnappt, "wo wir Kinder eigentlich in der Küche eingeteilt waren", erinnert sich Kramp. Der Vater habe dann aber gesagt: "Lass das Kind lesen!".

Du schaffst das!

Seine Schwester habe in der Jugend viel mit ihrem Vater, der auch in der CDU war, über Politik und Kirche diskutiert. Und in der katholischen Jugend kämpfte sie dafür, dass die Mädchen auch Messdienerinnen werden konnten. Und setzte es durch, sagt der Bruder. An ihren starken politischen Willen erinnert sich auch der frühere CDU-Bürgermeister Rudolf Müller sehr gut, der im Amt war, als "AKK" in den Stadtrat kam. "Bei Frau Kramp-Karrenbauer hat man vom ersten Tag an die Gewissheit gehabt, sie ist engagiert, mit Ernst bei der Sache. Und sie will Politik gestalten", sagt er. Müller war es auch, der Kramp-Karrenbauer bestärkte, im März 1998 für Klaus Töpfer in den Bundestag nachzurücken. "Sie war gerade eben Mutter geworden und das war nicht einfach. Da habe ich schnell zum Hörer gegriffen und ihr gesagt: Du schaffst das!"

Auch wenn Kramp-Karrenbauer nur ein halbes Jahr im Bundestag saß und ab Herbst 1999 in den Saar-Landtag wechselte, um später Ministerin und dann Ministerpräsidentin zu werden – und im Februar 2018 nach Berlin ging: Vieles habe die heute 56-Jährige in der Kommunalpolitik gelernt – ist sich Müller sicher. "Konzeptionen zu haben, nach Zielen zu arbeiten und auch Positionen durchzuhalten." Und: Sie habe die Menschen immer ernst genommen und sich auch um kleine Probleme gekümmert.

In "Piddlinge", wie die Stadt im Saarländer Dialekt heißt, schätzt man die umgängliche Art von Kramp-Karrenbauer. "Man sieht sie öfter, auch mal im Supermarkt. Da sagt man hallo und erzählt ein bisschen", sagt eine Püttlingerin. "Sie verhält sich uns gegenüber ganz normal", meint eine andere. Klar werde dann auch saarländisch geschwätzt. Kramp-Karrenbauer, die an Wochenenden nach Hause kommt, wenn es ihr Terminkalender zulässt, sagt selbst: "Für mich ist, wenn ich mich wirklich daheim fühlen will, es absolut notwendig, dass ich Platt rede." Dazu gehört dann, dass ihrem Vornamen der sächliche Artikel "es (das)" vorangestellt wird.

Um große Politik geht es daheim in der Stadt mit gut 18.000 Einwohnern meist nicht: "Wenn wir uns in der Familie treffen, reden wir nicht viel über Politik. Wir sind dann froh, dass wir uns treffen und da kann man auch über was anderes reden als das, was sie die ganze Zeit macht", sagt Hans-Günter Kramp. Auch bei Friseur Eric Althaus geht es persönlich zu. "Wir reden nicht über Politik", sagt der Mann, der ihr zum richtigen Ton verhilft. "Im Sommer geht es mehr in den Kupferton, im Winter wieder mehr ins Goldene." AKK sei eine ganz besonders treue Kundin. Sie sei seit 2006 Stammkundin, sagt der Coiffeur stolz. Alle vier Wochen komme sie. "Im ersten Quartal 2019 stehen schon die Termine." Dass Kramp-Karrenbauer eines Tages Merkel ganz beerben könnte, daran gibt es in Püttlingen keinen Zweifel. "Sie hat so viel erreicht. Ich denke, sie hätte das Zeug zur Kanzlerin", sagt Bürgermeister Speicher. Das aber sei noch Zukunftsmusik. Jetzt will er erstmal einen würdigen Empfang für die neue CDU-Chefin organisieren.

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