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Wissen und Technik - 11.01.2019

Zu volle Kurse, zu wenig Professoren

Berliner Lehramtsstudierende beklagen nicht nur die schlechten Studienbedingungen. Sie kritisieren auch die Praxisferne des Studiums.

Guter Unterricht. Berlins Lehramtsstudierende sorgen sich um die Qualität ihrer Ausbildung.

Das Berliner Lehramtsstudium platzt aus allen Nähten. „In einer Matheübung für Grundschulpädagogen sollten eigentlich 20 bis 25 Leute sein. Doch es sind 58“, sagte ein Bachelor-Student der Humboldt-Universität (HU) am Donnerstagabend beim „Hearing Lehrkräftebildung“ an der FU. Andere Studierende berichteten von zu kleinen Räumen und fehlenden Stühlen. Auch reichten die Plätze an den Schulen für die Praktika nicht, wodurch sich das Studium verzögere. Verzögerungen gibt es auch, weil die Prüfungsbüros überlastet sind, wie Daniela Caspari, stellvertretende Direktorin der Dahlem School of Education der FU, sagte.
Um „Chancen und Herausforderungen“ beim Ausbau der Berliner Lehrerbildung sollte es bei der Veranstaltung gehen, zu der Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft (SPD), alle Interessierten eingeladen hatte. Vor etwa 70 Teilnehmenden wurden aber keine Chancen sichtbar. Es dominierten die Probleme, die sich aus dem hohen Tempo des Senats beim Aufbau von Studienplätzen ergeben. Ziel ist eine Verdopplung auf 2000 Absolventen pro Jahr. Der Aufwuchs sei nur „durch eine enorme Kraftanstrengung“ zu bewältigen, sagte Hauke Heekeren, an der FU Vizepräsident für Studium und Lehre: „Im Jahr 2014 hatten wir noch 89 Plätze für Grundschulpädagogik im ersten Semester. Jetzt sind es 385.“

„Wir werden nicht gut vorbereitet“

Zwar hat das Land 70 Millionen Euro für mehr Personal bereitgestellt. Beate Lütke, stellvertretende Direktorin der Professional School of Education der HU, sagte aber, während sich die Zahl der Professuren inzwischen verdoppelt habe, habe sich die Zahl der Studierenden vervierfacht. Die Raumprobleme lassen sich ebenfalls nicht schlagartig lösen: Das für die FU geplante pädagogische Seminargebäude neben der Rostlaube dürfte erst 2022 bezugsfertig sein und die Seminarräume und Sportstätten für Lehramtsstudierende in Adlershof erst im Jahr 2021.
Deutlich wurde, dass sich nicht nur die Studienbedingungen wieder denen in den achtziger und neunziger Jahren annähern, als noch kein Numerus clausus die Zahl der Studierwilligen bremste. Auch an der Unzufriedenheit mit der Praxisferne des Studiums hat sich trotz der großen Studienreform im Jahr 2014 nichts geändert. „Wir werden nicht gut auf unsere Profession vorbereitet“, sagte Claudius Baumann von der studentischen Initiative Kreidestaub unter Applaus. Mehrfach hieß es, das Studium schrecke davon ab, ins Lehramt zu streben.
Zwar ist mit der großen Reform ein Praxissemester eingeführt worden. Doch Studierende kritisierten, da es an der Uni nicht vorbereitet werde und bereits in den Semesterferien starte, vergingen Wochen, bis sie mit dem Semesterstart überhaupt pädagogische Aufgaben für ihre Zeit in der Schule erhielten. Und da das Praxissemester erst für das dritte Semester im Master vorgesehen sei, kollidiere es mit der Masterarbeit. Nebenbei zu jobben sei wegen der Belastung schwierig.
Staatssekretär Krach versprach, alle Kritikpunkte gemeinsam mit der Schulverwaltung zu prüfen. Es gehe darum, „unter schwierigen Bedingungen das Bestmögliche“ zu leisten.

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