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Wissen und Technik - 05.07.2019

So werden Patienten auf ihrem letzten Weg begleitet

Die Palliativmedizin hat es sich zur Aufgabe gemacht, für Sterbende und Schwerkranke da zu sein. In Berlin gibt es zahlreiche Angebote.

In Hospizen versuchen die Mitarbeiter, auf individuelle Bedürfnisse der Patienten einzugehen – nicht nur auf medizinische.

Die Palliativversorgung setzt dort an, wo es keine Heilung mehr gibt, wo es darum geht, Schmerzen zu lindern und zu trösten. Den Weg in den Tod ganzheitlich zu begleiten, war die Vision der britischen Ärztin, Krankenschwester und Sozialarbeiterin Cicely Saunders, Begründerin der modernen Hospizbewegung. Dabei soll das Technische der Medizin in den Hintergrund und das Menschliche in den Vordergrund rücken. 

Die Palliative Versorgung erfolgt zu Hause, in Pflegeheimen, in Krankenhäusern auf speziellen Stationen und in Hospizen. Die Palliativmedizin ist in Deutschland keine eigenständige Facharztbezeichnung. Ärztinnen und Ärzte können sich in dem Bereich fortbilden und eine Zusatzbezeichnung erwerben. Im Jahr 2017 gab es 11.440 Mediziner in Deutschland mit dieser Zusatzbezeichnung, davon 365 in Berlin. Dazu kommen rund 30.000 Pflegekräfte, die von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) zertifiziert sind. 

Der Bedarf an Ärzten und Pflegern ist groß

Anderes als bei den Ärzten gibt es deutschlandweit keine klar definierten Kriterien für die palliativpflegerische Fortbildung. Heiner Melching, Geschäftsführer der DGP, schätzt, dass noch 10.000 weitere Pfleger mit anderen Fortbildungen in deutschen Krankenhäusern und bei Pflegediensten arbeiten. Seiner Ansicht nach reiche das nicht, um die Versorgung zu gewährleisten. 

[„Wir Ärzte sollten uns nicht so wichtig nehmen“: Lesen Sie hier ein Interview mit Europas wichtigstem Palliativmediziner Gian Domenico Borasio]

In Deutschland gebe es ohnehin zu wenig Pfleger. „Verschärfend kommt für die Palliativpflege hinzu, dass angesichts des bekannten allgemeinen Pflegenotstandes die Träger von Einrichtungen und Pflegediensten sich sehr schwer damit tun, ihre Pflegekräfte in einen 160 stündigen Weiterbildungskurs zu schicken“, erklärt Melching. 

Und auch bei den Ärzten sei der Bedarf deutlich größer als Palliativmediziner zur Verfügung stehen. „Nur knapp vier Prozent aller tätigen Ärzte verfügen über eine Zusatzbezeichnung Palliativmedizin. Und das obwohl nahezu jeder Hausarzt und auch viele Fachärzte auch schwerstkranke und sterbende Menschen versorgen.“

Fast 2.000 ehrenamtliche Sterbebegleiter

In Berlin stehen nach Angaben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales 223 Betten in den 15 Hospizen für Erwachsene zur Verfügung. Dazu kommen 55 Palliativstationen in Krankenhäusern und 28 ambulante Hospizdienste, die sich um Sterbende und Schwerstkranke kümmern. Einige Krankenhäuser haben einen eigenen Hospizdienst. Fast 2.000 Ehrenamtliche begleiten zudem Patienten auf ihrem letzten Weg. 

In vielen Einrichtungen müssen Patienten auf einen Platz warten. „Auch wenn diese Wartezeit in der Regel nur wenige Tage beträgt, kann dies für einen schwerstkranken Patienten zu lang sein“, sagt Melching. Die, die einen Hospizplatz bekommen haben, verbringen im Durschnitt 28 Tage dort. Drei Prozent aller Menschen in Deutschland sterben in einer solchen Einrichtung, vier Prozent auf einer Palliativstation. Fast die Hälfte der Menschen stirbt in einem Krankenhaus.

Laut DGP-Geschäftführer Melching ist der Bedarf an spezifischen Angeboten weitaus höher. Er zitiert eine Studie, nach der sieben Prozent aller Patienten im Krankenhaus Bedarf an palliativmedizinischer Versorgung haben. Das wären über eine Million Patienten pro Jahr. Tatsächlich werden zehn Mal weniger so umfänglich versorgt. Nur 0,2 Prozent der Kosten im Krankenhausbereich werden für die Palliativversorung ausgegeben.

Im ambulanten Bereich gibt es die „Spezialisierte ambulante palliative Versorgung“ (SAPV) mit speziell ausgebildeten Ärzten und Pflegefachleuten. Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf SAPV.

Links im Netz

Patienten und Angehörige können sich unter bei „Wegweiser Hospiz und Palliativmedizin“ (wegweise-hospiz-palliativmedizin.de) zum Thema Sterbebegleitung und Palliativversorgung informieren. In neun verschiedenen Sprachen gibt die Seite Informationen darüber, welche Formen der Versorgung es gibt. Zudem kann nach Einrichtungen gesucht werden, die migrationsspezifische Angebote vorhalten.

Die Zentrale Anlaufstelle Hospiz (hospiz-aktuell.de) steht als zusätzlich Anlaufmöglichkeit für Patienten und Angehörige im Raum Berlin zur Verfügung. 

Über SAPV in Berlin informiert Home Care e.V. (homecareberlin.de). Auf der Webseite des Vereins findet sich auch eine interaktive Karte mit SAPV-Dienstleistern in der Hauptstadt.

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