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Wissen und Technik - 09.11.2018

Rechenspiele für die Unis

Bund und Länder starten Verhandlungen über die Mittel für den neuen Hochschulpakt. Noch sind sich alle Beteiligten völlig uneins – doch Berlin hat dafür eine Idee.

Beim Hochschulpakt geht es auch um die Lehrbedingungen für Studierende.

Wie wird sich der Bund künftig finanziell bei den Hochschulen engagieren? Das ist eine der zentralen politischen Fragen, von ihr hängt vieles ab für die Hochschulen – und damit auch für Studierende und Wissenschaftler, um deren Lehrbedingungen es letztlich geht. Klar ist bisher nur eines: Der milliardenschwere Hochschulpakt, mit dem der Bund bis 2020 den Aufbau von Studienplätzen unterstützt, soll verstetigt werden. Darauf hatten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Es ist ein Novum: Schließlich wird so die Grundgesetzänderung angewendet, die dem Bund eine dauerhafte Mitfinanzierung der Hochschulen erlaubt.

Doch beim „Wie“ ist noch vieles unklar. Nach welchen Kriterien werden die Mittel verteilt? Und wie viel Geld fließt überhaupt? Ab diesem Freitag wollen Bund und Länder nun mit einer Arbeitsgruppe der Staatssekretäre in die Verhandlungen einsteigen. Bis zum kommenden Frühjahr will man sich einigen. Es dürfte hart gefeilscht werden. Nicht nur, weil Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) im Vorfeld auf die Bremse tritt. Auch sind sich die Länder untereinander überhaupt nicht einig, wie in mehreren Ministerien zu hören ist.

Karliczek lehnt es ab, den Hochschulpakt zu dynamisieren

Bei den Verhandlungen gibt es mehrere Knackpunkte. Ein entscheidender: Könnten die Mittel dynamisiert werden, wird also eine jährliche Steigerung festgeschrieben? Das hat der Wissenschaftsrat gefordert mit dem Argument, dass anders die Qualität der Lehre nicht zu erhöhen sei. Ebenso der Hochschulverband: Die Hochschulen seien ansonsten gegenüber den außeruniversitären Instituten benachteiligt. Für diese sind im Pakt für Forschung und Innovation seit Jahren feste Steigerungen vorgesehen. Auch künftig sollen sie ein jährliches Plus von mindestens drei Prozent bekommen.

Karliczek lehnt es bisher aber ab, den Hochschulpakt zu dynamisieren. In der Antwort auf eine Anfrage der Grünen heißt es aus ihrem Ministerium: Eine Koppelung der Mittelaufwüchse von Hochschulen und außeruniversitären Instituten wäre „nicht sachgerecht“. Schon mit einer Verstetigung würde sie „einen großen Schritt“ auf die Länder zugehen, sagte Karliczek „Spektrum.de“.

Die Länder sehen das anders. „Fehlt die Dynamik, reden wir über eine faktische Kürzung“, heißt es etwa aus dem Wissenschaftsministerium in Baden-Württemberg. So denkt auch Berlins Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach. Er schlägt vor, dass sich die Länder ebenso wie der Bund zu einer jährlichen Erhöhung ihrer Zuschüsse für die Hochschulen verpflichten. „Das wäre ein starkes Signal von Bund und Ländern für die Planungssicherheit der Hochschulen“, sagt Krach auf Anfrage. Dann hätten die Hochschulen auch keine Ausreden mehr, endlich zusätzliche unbefristete Stellen einzurichten.

Berlin will eine Selbstverpflichtung der Länder

Dass Berlin sich dafür starkmacht, liegt auf der Hand: Schließlich sehen die Berliner Hochschulverträge bereits eine 3,5-prozentige Steigerung der Landesmittel pro Jahr vor. Auch aus Baden-Württemberg heißt es, man halte den Vorschlag „grundsätzlich für bedenkenswert“. Allerdings müsse man sich dann erst einmal auf eine einheitliche Definition von Grundfinanzierung einigen, die Länder würden das ganz unterschiedlich berechnen. Ob Länder, die weniger in die Wissenschaft investieren, das auch für einen guten Vorschlag halten, bleibt abzuwarten. Welche Steigerungsrate die Selbstverpflichtung der Länder dann vorsieht, müsse man im Detail erst besprechen, sagt Krach: „Wir müssen einen Weg finden, wie alle Länder damit umgehen können.“

Ebenfalls umkämpft dürfte sein, nach welchem Modus die Hochschulpaktmittel künftig ausgezahlt werden. Wird nach Studienanfängern abgerechnet? Geht es nach der üblichen Quote des Königsteiner Schlüssels, was die ostdeutschen Länder bevorzugen könnten? Wird es wettbewerbliche Elemente geben? Das scheint Karliczek zu präferieren. Qualitätsprobleme in der Lehre löse man nicht, „indem ich den Ländern einfach Festsummen überweise“, sagte sie – sondern mit neuen Förderprogrammen.

Was in den vergangenen 15 Jahren geleistet wurde

Krach ist für „gute Ideen“ offen. Allerdings dürfe es „nicht so weit kommen, dass jedes Jahr nach wettbewerblichen Kriterien die Mittel neu verteilt werden“. Das würde dem Geist der Planungssicherheit widersprechen. Er hält es für zwingend, zu berücksichtigen, was jedes Land beim Aufwuchs der Studienplätze in den vergangenen 15 Jahren geleistet hat. „Wir dürfen nicht so tun, als ob wir bei null anfangen.“ Für Berlin sei das wichtig, weil es die Zahl der Studienanfänger seit 2005 von 20 000 auf 33 500 gesteigert habe – eine Quote, die deutlich über der von anderen Bundesländern liege.

Das dürfte jene Länder kaum begeistern, die weniger Studienplätze aufgebaut haben. Von „sehr vielen Problemfeldern“ ist indes in einem ostdeutschen Ministerium zu hören. Als Beispiel wird dort die bisherige Berücksichtigung der Privathochschulen bei der Abrechnung der Studienplätze im Hochschulpakt genannt. Das würde insbesondere die Stadtstaaten bevorteilen, die über viele Privatunis verfügen. Baden-Württemberg wiederum würde gerne diverse Kriterien kombinieren, heißt es. Dazu gehören die Studienanfängerzahlen, die der erfolgreichen Absolventen – und auch eine Quote, die das Verhältnis von Lehrenden zu Studierenden misst.

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