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Wissen und Technik - 22.03.2019

Heidelberger Uniklinik distanziert sich von Tumortestfirma

Im Februar setzte die Uniklinik Heidelberg ihren neuen Krebstest medial in Szene – schon vor dessen wissenschaftlicher Prüfung. Jetzt entschuldigt sie sich.

Jede zehnte Frau in Deutschland, die die Diagnose Brustkrebs bekommt, ist jünger als 45 Jahre. Bluttests, die krebstypische…

Die Uniklinik Heidelberg zieht Konsequenzen aus einer umstrittenen PR-Kampagne für einen neuen Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs (der Tagesspiegel berichtete). So sollten neue Regeln in Bezug auf „wirtschaftliche, wissenschaftliche, ethische und publizistische Fragen“ erstellt werden, die Firmenausgründungen der Universität künftig zu beachten hätten, sagte Kliniksprecherin Doris Rübsam-Brodkorb am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die „Rhein-Neckar-Zeitung“ berichtet, dass sich die Uniklinik intensiv mit der Aufklärung des Falls auseinandersetzen möchte.

Werbung statt wissenschaftlich geprüfter Fakten

Das Unternehmen Heiscreen, eine Ausgründung der Uniklinik, hatte im Februar einen neuen Brustkrebs-Bluttest vorgestellt. An der Firma sind Mitarbeiter des Krankenhauses finanziell beteiligt. In einer Pressemitteilung, die auch das Logo der Uniklinik trug, war von „einem Meilenstein in der Brustkrebsdiagnostik“ die Rede. Die Markteinführung sei „noch in diesem Jahr geplant“.

An dem Vorgehen gab es daraufhin deutliche Kritik von Fachgesellschaften, Medizinern und Statistikern. Unter anderem sind die Ergebnisse von Tests an Frauen laut Uniklinik bis heute nicht in einem begutachteten Fachjournal publiziert – wie es in der wissenschaftlichen Praxis üblich ist. Zudem wurde bemängelt, dass entscheidende Daten zum Nutzen des Tests fehlten.

So nannte Projektleiter Christof Sohn auf einer Pressekonferenz trotz Nachfrage nicht den Anteil der Fehlalarme bei dem Bluttest – also bei wie vielen gesunden Frauen das Verfahren fälschlicherweise Alarm auslöst. Diese Zahl ist für die Bewertung eines Diagnoseverfahrens zwingend notwendig. Gegenüber der „Rhein-Neckar-Zeitung“ gab Sohn nun den Anteil der Fehlalarme mit 30 Prozent an.

Uniklinik entschuldigt sich, falsche Hoffnungen geweckt zu haben

Das Diagnoseverfahren könne zwar Ende des Jahres im Routinelabor eingesetzt werden, sagte Doris Rübsam-Brodkorb. Damit sei der Test, der in Blutproben Botenstoffe von Tumorzellen detektieren kann, aber noch nicht auf dem Markt. Erst müssten Vertriebswege und Kostenübernahme durch die Krankenkassen geklärt werden.

Die Uniklinik entschuldige sich bei Frauen, die sich womöglich falsche Hoffnungen auf eine rasche Nutzung des Tests gemacht hätten, sagte Rübsam-Brodkorb. „Das bedauern wir sehr.“

Zudem distanzierte sich die Uniklinik von der PR-Strategie zum Bluttest. Die Medienbegleitung habe Heiscreen verantwortet, sagte Rübsam-Brodkorb. Allerdings veröffentlichte die Uniklinik die Mitteilung auf ihrer Webseite. Sohn sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“, er sei mit vier Prozent an Heiscreen beteiligt, seine Uniklinik-Kollegin Sarah Schott mit über sieben Prozent.

Bislang basiert die Früherkennung von Brustkrebs in der Hauptsache auf regelmäßigem Abtasten und dem Mammografie-Screening, einer Röntgenuntersuchung der Brust. Der Nutzen von Ultraschalluntersuchungen ist umstritten.

Brustkrebs ist laut Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts mit rund 69.000 Neuerkrankungen jährlich die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Nach den aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamts starben im Jahr 2016 18.570 Frauen an Brustkrebs. (dpa)

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