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Wissen und Technik - 17.01.2019

Groß, größer, gigantisch

Im Vergleich zu heute lebenden Arten waren Dinosaurier extrem groß. Forscher ergründen, wie es dazu kam.

Der Energieverbrauch der Dinosaurier lag zwischen dem von Reptilien und Säugetieren.

Ohne seinen Körper zu bewegen, biegt ein riesiger Dinosaurier seinen Hals etwas zur Seite und reißt ein Büschel Grünzeug ab. Von der Schwanzspitze bis zur Schnauze misst er 40 Meter. Der Evolutionsforscher Martin Sander von der Universität Bonn wirkt zwischen den Vorderbeinen des nachgebauten Skeletts wie eine Ameise zwischen den Beinen eines Hundes. Sander treiben zwei Fragen um: Warum konnten die Dinosaurier vor Jahrmillionen so groß werden? Und warum erreichen heute lebende Tiere an Land bereits bei einem Zehntel der Dinodimensionen mit dem Afrikanischen Elefanten das Ende des Gigantismus? Einen kleinen Teil der Antworten liefern jetzt John Grady von der Universität von New Mexico in Albuquerque und seine Kollegen im Fachblatt „Science“: Der Stoffwechsel der Dinosaurier lief auf relativ hohen Touren, sie konnten daher schnell wachsen.

Dinostoffwechsel liegt zwischen Reptilien und Vögeln

Um den Stoffwechsel der Giganten einschätzen zu können, verglichen die Forscher, wie schnell 381 Tierarten – heute lebende Echsen und Schlangen, Affen und andere Säugetiere, Vögel, aber auch ausgestorbene Krokodilarten und Dinos – von der Geburt an wachsen, bis sie ihre maximale Größe erreichen. In dieser Skala landeten die Dinos zwischen Reptilien, deren Stoffwechsel langsam ist, und Vögeln und Säugetieren, deren Organismus hochtourig läuft.

Heutige Reptilien brauchen viel weniger Nahrung als ein ähnlich großes Säugetier. Andererseits haben Tiere mit schnellerem Stoffwechsel mehr Energie zur Verfügung und können schneller wachsen. Der Schluss liegt daher nahe, dass der Organismus der Dinos einst auf höheren Touren als bei heutigen Reptilien lief. Schlangen und Eidechsen würden länger brauchen, bis sie eine Riesenform erreicht hätten. In dieser Zeit wären sie leichte Beute für Räuber; daher bescheiden sie sich mit kleineren Körpern. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam Eva Maria Griebeler von der Universität Mainz in der Zeitschrift „Plos“. Sie arbeitet in einer DFG-geförderten Gruppe, die den Gigantismus der Dinosaurier erforscht.

„Beiden Ergebnissen widersprechen andere Analysen, die zu einem deutlich schnelleren Stoffwechsel für Dinos kommen“, sagt Sander, der die Gruppe koordiniert. Um den Widerspruch aufzulösen, müsse man sich Säugetiere und Vögel genauer anschauen. Schließlich können Tiere die zusätzliche Energie aus einem schnelleren Stoffwechsel nicht nur in das eigene Wachstum stecken. Säugetiere und Vögel kümmern sich auch sehr um ihre Nachkommen. Damit geben sie ihnen ein Energiepaket auf dem Weg, das deren Überlebenschancen verbessert.

18 Stunden am Tag fressen

Ganz anders war es bei den Dinosauriern. „Eine 40 Tonnen schwere Mutter legte eher kleine Eier, aus denen ein gerade einmal drei Kilogramm schwerer Jungdino schlüpfte“, sagt Sander. Und sie produzierte jedes Jahr mehrere Gelege, mit insgesamt ein paar hundert Eiern. Raffte eine Naturkatastrophe in einer Region viele Dinos dahin, starben sie trotzdem nicht gleich aus. Wenige erwachsene Tiere reichten, um die Reihen wieder zu füllen. Jedem Tier stand außerdem viel Nahrung zur Verfügung und es konnte größer werden. Eine drei Tonnen schwere Elefantenkuh bringt dagegen ein etwa einhundert Kilo wiegendes Baby auf die Welt – und steckt entsprechend viel Energie in die 22 Monate lange Tragzeit.

Riesig. Das Brachiosaurus-Skelett im Berliner Naturkundemuseum.

Um seinen riesigen Organismus auf hohen Touren laufen zu lassen, verbringt ein Elefant 18 Stunden am Tag mit Fressen. Und er hat einen weiteren Nachteil gegenüber den Dinos: Er kaut seine Nahrung, um sie besser verdauen zu können. Die Saurier schlangen sie einfach hinunter, bei ihrem gigantischen Körper wären die Kauflächen nie groß genug gewesen und die Nahrungsaufnahme zu langsam.

Langer Hals erspart Bewegung

Vögel verzichten ebenfalls aufs Kauen. Sie nutzen ihre hohe Stoffwechselrate aber fürs Fliegen und nicht fürs Wachsen. „Um sich in die Lüfte schwingen zu können, haben die Vögel eine völlig andere Lunge als Säugetiere“, sagt Sander. So nehmen sie selbst beim Ausatmen Sauerstoff auf. Obendrein haben sie ein Leichtbauskelett mit wabenförmigen Hohlräumen in den Knochen. Dort wachsen Ausstülpungen der Lunge hinein, die mit jedem Atemzug mehr Luft aufnehmen kann. Diesen Vorteil nutzen einige Vögel wie Schwäne für einen langen Hals, sie vergrößern damit ihre Reichweite. Ähnlich war es bei den größten Dinos, den Sauropoden. Durch ihre extrem langen Hälse mussten sie sich beim Fressen nicht viel bewegen, sie sparten Energie und hatten damit eine fünfte Eigenschaft, die für den Riesenkörper wichtig war. „Diese Tiere waren ein Lehrstück dafür, wie Evolution funktioniert“, sagt Sander.

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