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Wissen und Technik - 26.02.2019

Die Absolventen von der blauen Lagune

Die ersten Studierenden des TU-Campus in Ägypten haben ihren Abschluss geschafft. Doch die Umbrüche im Land wirken auf die Uni – immer wieder sagen Bewerber wegen Sicherheitsbedenken in letzter Minute ab.

Unter Palmen. Auf dem Campus der TU Berlin in El Gouna sind 70 Master-Studierende eingeschrieben. Wegen Sicherheitsbedenken…

Es ist der einzige Ableger einer Berliner Hochschule im Ausland: der Campus der Technischen Universität im ägyptischen El Gouna am Roten Meer. Vor gut zwei Jahren wurde das Institut eröffnet. Jetzt haben die ersten Studierenden ihren Abschluss geschafft. Von einem „großen Erfolg“ des Campus spricht TU-Präsident Christian Thomsen – selbst wenn die Studierendenzahlen nicht ganz so gestiegen sind, wie sich einige an der TU das vielleicht erhofft hatten. Doch die Sichtbarkeit der TU in Ägypten sei groß, die Vernetzung mit den regionalen Akteuren gelungen, sagt Thomsen.

Als die TU im Herbst 2012 ihren Betrieb in El Gouna aufnahm, geschah das inmitten der Umbrüche nach dem Arabischen Frühling. Als sich die Lage in Ägypten zwischenzeitlich politisch zuspitzte, wurden schon Notfallpläne entwickelt, den Lehrbetrieb nach Berlin zu verlegen.

Dazu kam es dann nicht. Gleichwohl stehe man immer noch ständig mit dem Auswärtigen Amt in Kontakt, um im Krisenfall sofort reagieren zu können, sagt Thomsen. Politisch verfolge die TU die Situation in Ägypten aufmerksam, auch wenn sich Thomsen mit Äußerungen zu den aktuellen Machthabern um Präsident und Ex-General Abd al Fattah al Sisi zurückhält. Die TU hoffe, weiterhin etwas zur Demokratisierung des Landes beitragen zu können. „Bei uns bekommen die Studierenden demokratische Strukturen ja mit“, sagt er.

180 Studierende können hier lernen – derzeit sind nur 70 eingeschrieben

Die Umbrüche in Ägypten sind ein entscheidender Grund, warum sich die TU schwertut, die Zahl der Studierenden deutlich zu steigern. Die drei Master-Studiengänge – in den Bereichen Energie, Wasseraufbereitung und Stadtentwicklung – sind eigentlich für insgesamt 180 Studierende ausgelegt. Derzeit sind aber nur 70 eingeschrieben. „Von Jahr zu Jahr werden es mehr, aber es ist viel Arbeit, Studierende zu gewinnen“, sagt Krystyna Schneider, die den Campus für die TU managt.

Vor allem nicht-ägyptische Studierende zögerten, ein Studium in El Gouna aufzunehmen. Zwar erreiche man durchaus Bewerberinnen und Bewerber aus der ganzen Welt: Inder sind eingeschrieben, Studierende kommen aus Venezuela und Mexiko. Doch immer wieder würden Bewerber in letzter Minute ihre Einschreibung wegen Sicherheitsbedenken zurückziehen: „Die Familien sind da oft ängstlicher als die Studierenden selbst.“ Und so kommt derzeit die Mehrheit der Studierenden, nämlich zwei Drittel, aus Ägypten.

Dabei dürften Studierende und Wissenschaftler vor Ort kaum gefährdet sein. El Gouna ist eine umzäunte Privatstadt am Roten Meer, weit abseits der großen Metropolen. Die Zufahrtsstraßen sind mit Schlagbäumen gesichert, auch sonst geht es beschaulich zu in dem Ferienresort an einer großen blauen Lagune, von der der Name des Ortes stammt. Der Unternehmer und TU-Alumnus Samih Sawiris gründete El Gouna 1990, er ist auch die treibende Kraft hinter dem Campus.

Deutsche Stiftungen wollen keine ausländischen Studierenden im Ausland fördern

Dank Sawiris muss sich die TU finanziell keine Sorgen um El Gouna machen. Er trug nicht nur die Kosten für den Aufbau, sondern zahlt mit rund 2,5 Millionen Euro im Jahr auch den laufenden akademischen Betrieb. Vertraglich ist eine Ausfallbürgschaft festgeschrieben: Laufen die Studiengänge nicht voll, zahlt Sawiris der TU einen Ausgleich für die entgangenen Studiengebühren. 5000 Euro betragen diese pro Semester. Die TU bemühe sich, noch mehr Stipendien zu akquirieren, sagt Schneider. Weil deutsche Stiftungen aber selten Ausländer an Hochschulen im Ausland fördern, gestalte sich das kompliziert.

Um attraktiver für Studierende zu werden, will die TU künftig zwei neue Master-Studiengänge in den Fächern Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsingenieurwesen anbieten. Dass sich die TU in El Gouna aber nicht nur auf die Lehre konzentriert, sondern genauso viel Forschung betreibt, hält Präsident Thomsen weiter für richtig. Selbst die zahlreichen Ableger amerikanischer Universitäten im Nahen Osten hätten meistens „eher Fachhochschulcharakter“. Der TU-Campus habe deshalb ein Alleinstellungsmerkmal. Und die Forschung trage dazu bei, Probleme vor Ort zu lösen. So habe die TU in Hurghada geholfen, ein Stadtviertel neu zu planen. Das Entsalzen von Wasser sei mithilfe von TU-Forschern in der Region verbessert worden: Nun schmecke das so gewonnene Trinkwasser nicht mehr nach Chlor.

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