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Wissen und Technik - 09.01.2019

Das Gen-Rezept für Treue

Ein Bund fürs Leben oder lieber bunt durchs Leben treiben? Bei Wirbeltieren bestimmen das ein paar Dutzend Erbanlagen.

Quappenausflug. Baumsteigerfrösche legen nur wenige Eier, pflegen ihren Nachwuchs dafür aber umso mehr, etwa indem sie die Quappen…

Froschlaich – darunter versteht man hierzulande eine Ansammlung Hunderter Eier, die Dutzende Kaulquappen hervorbringen, aus denen am Ende meist nur eine Handvoll ausgewachsene Frösche werden. Eher auf Klasse statt Masse setzen hingegen die Baumsteiger-Frösche der Art Ranitomeya imitator im peruanischen Regenwald. Das Weibchen legt nur ein oder zwei Eier in winzige Teiche zwischen den Blättern von Bromelien. Schlüpft der Nachwuchs, kommt das Männchen vorbei und trägt die Kaulquappen auf dem Rücken zum nächstgrößeren Bromelien-Pool. Gelegentlich bringt das Weibchen noch einen leckeren Imbiss vorbei: ein paar unbefruchtete Eier.

Eine genetische Signatur für Monogamie

Es ist ein komplexes Brutpflegeverhalten, für das Männchen und Weibchen eng zusammenarbeiten müssen. Aber wie kommt eine so enge Paarbindung zustande? Welche Gene, welche Hormone, welche Neuropeptide sind für diese soziale Monogamie verantwortlich? Um das herauszufinden, hat eine Forschergruppe um Hans Hofmann von der University of Texas in Austin fünf Paare eng verwandter monogamer und nichtmonogamer Wirbeltierarten untersucht. Das Ergebnis, veröffentlicht im Fachblatt „PNAS“: Es gibt offenbar einen „universellen Mechanismus“, eine genetische Signatur der Monogamie bei Wirbeltieren.

Die Forscher sammelten Hirngewebe eng verwandter monogamer und nichtmonogamer Arten und maßen die Aktivität bestimmter Gruppen von Genen, darunter solchen, die soziales Verhalten regulieren. Sie verglichen etwa jenen Zweipunktbaumsteigerfrosch mit dem Erdbeerfröschchen Oophaga pumilio, der nicht monogam lebt. Oder den paarbildenden Bergpieper Anthus spinoletta mit der Heckenbraunelle Prunella modularis sowie treue und weniger treue Wühlmäuse, Buntbarsche sowie Hirsch- und Weißfußmäuse.

Einfluss auf Hirnentwicklung und Signalübertragung

Als sozial monogam werden Arten bezeichnet, bei denen Weibchen und Männchen eine Paarbindung eingehen, Territorialverhalten zeigen und meist gemeinsam den Nachwuchs aufziehen. Schon länger wissen Forscher, dass dieses komplexe und von Art zu Art variierende Verhalten zumindest teilweise von Botenstoffen wie Oxytocin und Arginin-Vasopressin (AVP) kontrolliert wird. Über Rezeptoren, an die sie andocken, werden dann Reaktionen der Nervenzellen im Gehirn ausgelöst. Über diese Stoffe hinaus fanden die Forscher aber 24 weitere Gene, deren jeweilige Aktivität (oder Inaktivität) mit dem monogamen Verhalten von Wirbeltieren in Verbindung gebracht werden kann. Die Gene spielen Rollen bei der Entwicklung des Gehirns, der Signalgebung von Zelle zu Zelle, der Kontrolle der Nervenkontakte (Synapsen) sowie für Lernen und Gedächtnisbildung.

Das bedeutet, dass Arten aus vier verschiedenen Wirbeltierklassen – Fische, Amphibien, Vögel, Säugetiere – wenigstens teilweise auf die gleichen, evolutiv alten und erhaltenen Gengruppen zurückgreifen, um das Gehirn so zu entwickeln und zu beeinflussen, dass sich die Tiere monogam verhalten.

Und bevor jemand fragt: Inwieweit die Forschungen relevant für das mehr oder weniger exklusive oder inklusive Paarungs- und Fortpflanzungsverhalten des Menschen (immerhin auch ein Wirbeltier) sind, darüber lassen sich die Forscher mit keiner Silbe aus.

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