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Wissen und Technik - 13.11.2018

Bafög soll 2019 erhöht werden

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat Eckpunkte für die überfällige Bafög-Erhöhung vorgelegt. Doch es kommt auch Kritik.

Die Zahl der Bafög-Empfänger ist zuletzt zurückgegangen.

Die Bafög-Pläne von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (SPD) stoßen auf ein geteiltes Echo. Nach einem Eckpunkte-Papier des Ministeriums soll der Höchstsatz der Ausbildungsförderung von 735 auf 850 Euro steigen, die Freibeträge für das Einkommen der Eltern um neun Prozent angehoben und die Wohnpauschale für Studierende, die nicht bei den Eltern leben, von 250 auf 325 Euro erhöht werden.

Es sei „positiv, dass die Ministerin die Bafög-Erhöhung jetzt angehen will“, sagte Achim Meyer auf der Heyde, der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes, dem Tagesspiegel. „Ob das auch ausreicht, um eine echte Trendwende zu schaffen, ist aber fraglich.“

GEW fordert, Karliczek solle „nachlegen und Tempo machen“

Kai Gehring, der hochschulpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, bezeichnet Karliczeks Plan als „Heftpflaster statt Trendwende“. Die Eckpunkte seien „nicht überzeugend“. Die vorgeschlagenen Erhöhungen von Fördersätzen, Freibeträgen und Wohnkostenzuschlägen reichten bei weitem nicht aus, um die Versäumnisse der letzten Jahre auszubügeln, erklärte Gehring.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert von Karliczek: „Nachlegen und Tempo machen, Frau Ministerin!“ Die Gesetzesnovelle müsse spätestens zum Sommersemester 2019 in Kraft treten und nicht erst, wie von Karliczek angekündigt, zum Wintersemester im Herbst 2019.

Dass die Bundesausbildungsförderung für Schüler und Studierende dringend erhöht werden muss, ist unstrittig. Nach einem Bericht des Statistischen Bundesamtes vom August dieses Jahres ist die Zahl der Bafög-Empfänger 2017 bundesweit um fünf Prozent zurückgegangen. Bei den Schülern waren es 5,8 Prozent weniger, bei den Studierenden 4,6 Prozent. Erstmals seit 15 Jahren hatte die Gesamtzahl der Geförderten die Marke von 800.000 wieder unterschritten.

Berlin wollte mehr Wohngeld für teure Wohnlagen

Karliczek hatte den Rückgang mit der „anhaltend guten Konjunktur und Wirtschaftslage“ erklärt. Bei niedriger Arbeitslosigkeit und steigenden Gehältern könnten mehr Familien ihren Kindern die Ausbildung selber finanzieren. Jetzt legt die Bundesbildungsministerin ihre Eckpunkte für eine Bafög-Erhöhung vor, die im Herbst 2019 wirksam werden soll. „Die Wohnkosten steigen, gerade in den Hochschulstädten“, heißt es in den Eckpunkten. Die Erhöhung des Wohnkostenzuschlags auf 325 Euro bedeutet einen Anstieg um 30 Prozent.

Berlin hatte im Frühjahr dieses Jahres einen eigenen Antrag für eine Bafög-Novelle im Bundesrat eingebracht, der von Brandenburg, Bremen, Thüringen und Rheinland-Pfalz mitgetragen wurde, aber am Ende doch durchfiel. Im Zentrum des Berliner Vorstoßes stand die Anhebung des Bedarfssatzes für die Wohnkosten von derzeit maximal 250 Euro auf 300 Euro – also 25 Euro weniger als im Karliczek-Plan. Doch Berlin wollte, dass Studierende, die in Städten wie München, Hamburg oder Berlin, also in besonders teuren Wohnlagen leben, monatlich bis zu 100 Euro mehr Wohngeld zusätzlich beantragen können.

Studentenwerk und Grüne vermissen automatische Anpassung

Den Eckpunkten aus dem BMBF zufolge soll der Förderungshöchstsatz beim Bafög um mehr als 15 Prozent auf 850 Euro steigen. Die Bedarfssätze will Karliczek um insgesamt sieben Prozent erhöhen – im ersten Schritt 2019 um fünf Prozent, im zweiten um zwei Prozent im darauffolgenden Jahr. Das sei ein „erster Schritt in die richtige Richtung einer Dynamisierung“, kommentiert Achim Meyer auf der Heyde. Doch von einer vom Studentenwerk, von Grünen, Linke und der SPD seit längerem geforderten automatischen Anpassung des Bafög-Satzes an die Entwicklung der Einkommen und Preise ist bei Karliczek nicht die Rede.

Dies kritisiert auch die GEW. Die Ministerin müsse dafür sorgen, dass das Bafög künftig automatisch an die Lebenshaltungskosten angepasst wird. „Es darf nicht jedes Jahr um Prozente gefeilscht werden“, erklärte GEW-Vize Andreas Keller.

Die Ministerin wiederholt in den Eckpunkten ihr Argument, dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung könnten viele Familien ihren Kindern eine gute Ausbildung aus eigenen Mitteln ermöglichen. „Gleichzeitig steigen aber auch die Kosten und belasten insbesondere die Familien, die bisher knapp über den Anspruchsgrenzen liegen“, heißt es weiter. „Sie sollen entlastet werden.“ Dafür sollen die Einkommensfreibeträge ebenfalls in zwei Schritten angehoben werden – um sieben Prozent im kommenden Jahr und 2020 um weitere zwei Prozent. Erhöhen will Karliczek auch die Freibeträge für das eigene Vermögen von Studierenden – von aktuell 7500 auf 8200 Euro.

Wer nicht genug verdient, muss weniger zurückzahlen

Die Bundesbildungsministerin will indes die Rückzahlungsrate beim Bafög-Darlehen anheben. Weiterhin sollen Bafög-Empfänger nach dem Studium 50 Prozent der erhaltenen Summe zurückzahlen, höchstens jedoch 10.000 Euro. Allerdings soll die monatliche Rückzahlungsrate von 105 auf 130 Euro steigen – künftig zu zahlen in 77 monatlichen Tilgungsraten. Damit wäre der Betrag bei 10.010 Euro gedeckelt. Die Tilgungszeit soll auf 20 Jahre begrenzt werden. Wer es bis dahin „trotz nachweislichen Bemühens aufgrund schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse nicht geschafft hat“, bekommt die Restschuld erlassen.

Das Studentenwerk vermisst eine Liberalisierung bei der Regelstudienzeit. Wer sie überschreitet, fällt derzeit aus der Förderung. Berücksichtigt werden müsse künftig, dass die Regelstudienzeit vielfach zu knapp bemessen sei, um zum Studienabschluss zu kommen, wenn man gleichzeitig jobben müsse, sagt Meyer auf der Heyde. Deshalb müsste Bafög-Empfängern „die Regelstudienzeit plus zwei Semester“ gewährt werden. Und statt bislang ein Fachwechsel müssten zwei zulässig sein. „Das wäre eine echte Trendumkehr“, sagt der Generalsekretär des Studentenwerks.

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