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Sport - 10.05.2019

Von Löwen und Schafen: Mercedes will kein neues Gift-Duell

Ein gestählter Valtteri Bottas setzt Formel-1-Champion Lewis Hamilton in diesem Jahr heftig zu. Noch begegnen sich die Mercedes-Piloten mit Respekt. Doch bleibt das auch so, wenn nur diese beiden um den Titel fahren?

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Barcelona (dpa) – Der Rekordstart der Silberpfeile weckt bei Teamchef Toto Wolff böse Erinnerungen. Drei Jahre ist es her, als in Barcelona der vergiftete Titel-Zweikampf der Mercedes-Stars Lewis Hamilton und Nico Rosberg in einem kapitalen Crash eskalierte.

Wenn die Formel 1 am Wochenende wieder in Spanien ihre Europa-Saison beginnt, will Wolff nach vier Doppel-Erfolgen in Serie ein ähnliches Szenario zwischen Hamilton und Stallrivale Valtteri Bottas unbedingt verhindern. «Wir wollen, dass sie Löwen im Auto sind, also kann man nicht das Verhalten von Schafen erwarten. Aber der Respekt muss gleichermaßen vorhanden sein», sagt Wolff.

Die Narben des beinharten Stallduells von Hamilton mit Rosberg sind nur mühsam verheilt. In den vergangenen zwei Jahren war Rosbergs Nachfolger Bottas nicht stark genug, den britischen Superstar über eine Saison hinweg herauszufordern. Hamilton war die Nummer eins, das half dem Teamfrieden, zumal der Kampf gegen die erstarkten Ferrari für einen gemeinsamen Fokus sorgte. In diesem Jahr aber scheint Mercedes wieder so dominant wie zuletzt 2016 – und Bottas ähnlich hungrig und formverbessert wie damals Rosberg.

«Es erinnert mich schon ein bisschen an diese Situation», räumt auch Wolff ein. Noch sei das Verhältnis der beiden Piloten vorbildlich. «Da laufen kaum Spielchen im Hintergrund, darüber bin ich sehr froh. Aber wir müssen aufpassen, weil wir schon einmal eine Beziehung in die Brüche gehen sahen», sagt der 47 Jahre alte Österreicher.

Mit Rosberg verband Hamilton einst eine Freundschaft aus Kindertagen, gespeist aus einer gemeinsamen Rennfahrer-Jugend. Der Riss aus der Mercedes-Zeit ist bis heute nicht wirklich gekittet. Was damals wirklich vorgefallen ist, ließ Hamilton auch am Donnerstag nur in vagen Andeutungen erkennen. «Vielleicht verrate ich das mal, wenn ich ein Buch schreibe», sagte der 34-Jährige und betonte: «Erwartet nicht, so etwas jetzt wieder zu sehen. Ich bin seitdem reifer geworden, als Fahrer und als Mensch, und ein besserer Teamplayer.»

Für Bottas hat Hamilton viel Lob übrig, obwohl der Finne ihn in den ersten vier Saisonläufen zweimal düpierte und mit 87 Punkten einen Zähler vor dem Fünffach-Champion die WM anführt. «Wir hatten immer viel Respekt voreinander – und so wird das auch bleiben», sagt Hamilton. Man verhalte sich im Duell auf der Strecke «wie Gentlemen», beteuert der Titelverteidiger. Zudem gebe es seit der Sache mit Rosberg klar vereinbarte Verhaltensregeln.

Und doch blitzte zuletzt in Baku auch ein anderer Hamilton durch. «Zu nett» sei er gewesen, als er Bottas in Baku nach dem Start in Kurve eins den Vortritt ließ, bemerkte der Weltmeister. Diese Nettigkeiten dürfte er künftig überdenken, wenn es weiter so eng bleibt. «Einen Titel zu gewinnen, dafür reichen nicht nur ein paar Siege. Wir waren zuletzt eher auf den kühleren Strecken. Mal sehen, wie sich Valtteri schlägt, wenn es heißer wird», sagte Hamilton.

Bottas wirkt seit der Rückkehr aus der Winterpause gestählt. Im Vorjahr rutschte er in die Sinnkrise, weil er mehrfach für Hamilton Platz machen musste und am Ende sieglos blieb. In der finnischen Heimat fand er über den Jahreswechsel neue Kraft, sein verwegener Bart ist äußerliches Signal erneuerter Angriffslust. Große Worte aber sind dem 29-Jährigen aber weiter fremd, auch wenn er schon 35 Punkte vor dem WM-Dritten Sebastian Vettel im Ferrari liegt. «Mein Selbstvertrauen ist intakt. Ich möchte einfach nur so weitermachen», sagt Bottas.

Genau dieser Finnen-Mix aus Eiseskälte, Beharrlichkeit und Willenskraft, seit den Weltmeistern Mika Häkkinen und Kimi Räikkönen auch der Konkurrenz als «Sisu» bekannt, könnte Hamilton gefährlich werden – und vielleicht bald wieder zur Weißglut treiben. So weit aber will Teamchef Wolff es auf keinen Fall kommen lassen. «Wenn das jemals wieder der Fall sein sollte, wie bei Nico und Lewis, dann würden wir ganz sicher Gelbe und Rote Karten verteilen», betont Wolff. Soll also niemand sagen, er sei nicht gewarnt worden.

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