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Politik - 21.10.2018

Will kein „Watschnbaum“ sein: Seehofer deutet Rücktritt an

Die CSU muss strukturelle Fragen beantworten, fordert Seehofer.


Wer hat Schuld an der CSU-Klatsche bei der Bayern-Wahl? Er allein jedenfalls nicht, sagt Seehofer und deutet seinen Rücktritt als Parteichef an. Noch einmal will er nicht für alles verantwortlich gemacht werden – „eher stelle ich mein Amt zur Verfügung“.

Erstmals nach der CSU-Landtagswahlpleite hat Horst Seehofer einen möglichen Rücktritt als Parteichef angedeutet – wenn ihn seine Partei für den CSU-Absturz allein verantwortlich machen sollte. "Noch mal mache ich einen Watschnbaum nicht. Man kann mich kritisieren, aber das zu reduzieren auf den Horst Seehofer, und der ist für alles verantwortlich, das werde ich persönlich nicht mitmachen", sagte Seehofer im Bayerischen Fernsehen. "Eher stelle ich mein Amt als Parteivorsitzender zur Verfügung – ich glaube, klarer kann man sich nicht ausdrücken."

Seehofer steht seit dem CSU-Absturz bei der Landtagswahl auf nur noch 37,2 Prozent und dem Verlust der absoluten Mehrheit parteiintern massiv unter Druck. Als erster der großen CSU-Bezirksverbände fordert die CSU Schwaben inzwischen einen Sonderparteitag, bei dem explizit über die "Aufstellung" für die kommenden Jahre entschieden werden müsse. Ähnlich war die Stimmung nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben in einer Vorstandssitzung der Oberfranken-CSU. Und auch die CSU Oberbayern hat bereits einen Parteitag gefordert. Zudem fordern inzwischen schon drei Kreisverbände offen Seehofers Ablösung.

Seehofer wies eine Alleinverantwortung jedoch energisch zurück. "Das ist halt ein einfaches Geschäft: Wenn man auf einen anderen zeigen kann, muss man sich nicht mit sich selbst beschäftigen." Das sei schon nach der Bundestagswahl 2017 so gewesen: "Obwohl ich gar nicht zur Wahl stand, in keiner Wahlsendung war, auf keinem Wahlplakat, war ich schon nach der Bundestagswahl der Hauptverursacher. Jetzt wieder", klagte er.

Seehofer will nach eigener Aussage zu seiner Verantwortung stehen – aber die CSU müsse auch strukturelle Fragen beantworten. "Die SPD hat immer die Köpfe ausgewechselt in den letzten Jahren, und es ist immer noch schlechter geworden, weil sie die Strukturen bei sich nicht verändert hat." Die oberflächliche Wahlanalyse ärgere ihn. Der Einbruch der CSU habe tiefere Gründe, die längere Zeit zurückreichten. Als Beispiele nannte er die Etablierung der Freien Wähler im Landtag seit 2008, das Erstarken der AfD und zunehmende Veränderungen in der Gesellschaft.

Asyl-Streit mit Merkel schuld an CSU-Misere?

Auch den Vorwurf, den Asylstreit mit Kanzlerin Angela Merkel im Alleingang auf die Spitze getrieben zu haben, wies Seehofer zurück. Die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm kritisierte dagegen, das Thema Asyl und Flüchtlinge sei überhöht worden. Damit habe die CSU dazu beigetragen, dass die Ängste der Menschen nicht abgebaut worden seien, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. Jetzt müsse sich die CSU wieder stärker um die politische Mitte kümmern. Stamm schlug als Nachfolger Seehofers schon den Europapolitiker Manfred Weber vor.

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hingegen warnte seine Partei vor schnellen Rücktrittsforderungen an Seehofer. Dem "Focus" sagte der CSU-Ehrenvorsitzende, es gehe zunächst einmal darum, eine stabile Regierung zu bilden. Man brauche eine geordnete Debatte in der Partei. Zuletzt hatte auch Theo Waigel, früherer Bundesfinanzminister und ebenfalls CSU-Ehrenvorsitzender, personelle Konsequenzen verlangt. "Verantwortung und Konsequenzen sind erforderlich: inhaltlich, strategisch und personell", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" und den "Münchner Merkur".

Seehofer hatte sich schon kurz nach der Landtagswahl offen für einen Parteitag gezeigt. Das will er aber mit den CSU-Bezirksvorsitzenden klären. Eigentlich läuft seine Amtszeit als CSU-Chef bis Ende 2019. Unter Söders Führung verhandelt die CSU gegenwärtig mit den Freien Wählern über eine Koalitionsregierung. Dies müsse Priorität haben, hatten Seehofer, Söder und andere CSU-Spitzenpolitiker zuletzt immer wieder betont. Denn das Zeitfenster dafür ist eng: Die Frist für die Ministerpräsidentenwahl im Landtag läuft am 12. November aus.

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