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Politik - 16.11.2018

„Polens Wort hat Gewicht“: Maas fordert neue Ostpolitik

Maas: „Uns eint daselbe Ziel“.

Von Gudula Hörr


Reparationsforderungen, Nord Stream II und Zwangspensionierungen von Richtern: Das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen ist kompliziert. Doch Außenminister Maas zeigt Verständnis für EU-Skepsis und reicht Warschau die Hand.

Außenminister Heiko Maas hat sich für eine neue europäische Ostpolitik ausgesprochen. Ziel müsse eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Ost und West sowie Stabilität und Sicherheit in Europa sein. Auch müssten Demokratie und Rechtsstaat gestärkt werden, sagte Maas in Berlin bei einer Konferenz zur deutschen Polenpolitik. Auf Details ging er dabei allerdings nicht ein.

Warschau sei eine der wichtigsten Hauptstädte der EU, so Maas weiter. "Polens Wort hat Gewicht". Ostpolitik könne deshalb nur gemeinsam mit Polen und anderen Partnern in Mittel- und Osteuropa gestaltet werden. Seine Gespräche mit Polen hätten ihm gezeigt: "Uns verbindet viel mehr als uns trennt. Uns eint dasselbe Ziel: Wir wollen die EU der 27 zusammenhalten."

Dabei klammerte Maas das Trennende und die kritischen Punkte in dem seit 2015 zunehmend belasteten deutsch-polnischen Verhältnis aus: den Streit um die Gaspipeline Nord Stream II und die Zwangspensionierung polnischer Richter, über die an diesem Freitag der Europäische Gerichtshof verhandelt. Auch die Forderungen von Politikern der nationalkonservativen Regierungspartei PiS nach Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg sprach er nicht an. Berlin lehnt solche Zahlungen ab und erklärt die Ansprüche der Polen für abgegolten.

Maas: Bis heute zu wenig Aufmerksamkeit auf die Verbrechen gelegt

Dafür kam Maas allerdings seinem polnischen Amtskollegen Jacek Czaputowicz entgegen, indem er Verständnis für dessen EU-skeptische Haltung äußerte. Diese rühre auch aus der polnischen Geschichte, dem Trauma von Teilungen, Grenzverletzungen und der ständigen Einmischung ausländischer Mächte in die Geschicke Polens. Besonders betonte Maas den deutschen Überfall auf das Land im September 1939 und erklärte: "Die unfassbaren Verbrechen, die Deutsche in den folgenden sechs Jahren an und in Polen verübt haben, sie beschämen uns." Zur Wahrheit gehöre auch, dass bis heute diesen Verbrechen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde. Während des Zweiten Weltkriegs kamen sechs Millionen Polen ums Leben, ganze Landstriche und Städte wurden durch Deutsche verwüstet.

Kritik äußerte der Außenminister auch an Moskau. Die russische Regierung müsse wieder zur Achtung der europäischen Friedensordnung bewegt werden, gegen den sie im Ukraine-Konflikt "eklatant" verstoßen habe. Durch die Annexion der Krim habe sie das Völkerrecht verletzt. Maas sprach auch die angedrohte Aufkündigung des INF-Vertrags über bodengebundene Mittelstreckenraketen durch die USA an. Angesichts dessen sei es wichtig, "dass wir uns in Europa und in der Nato nicht auseinanderdividieren lassen und gemeinsam für unsere Sicherheitsinteressen einstehen".

In vielen Punkten dürfte Maas damit dem polnischen Botschafter Andrzej Przylebski, der anstelle des zunächst eingeladenen polnischen Außenministers Czaputowicz kam, aus der Seele gesprochen haben. Przylebski nannte die letzten 100 Jahre der deutschen Polenpolitik eine "Katastrophe". Und er erinnerte einmal mehr daran, dass sich Deutschland in der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg meist auf den Holocaust konzentriere. Die polnischen Opfer würden dagegen bis heute fast vergessen, so Przylebski. Und er stellte fest: "Polen war in Europa der größte Verlierer des Zweiten Weltkriegs."

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