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Politik - 30.10.2018

Grenze bei 50 Mikrogramm NO2: Ministerium legt Entwurf zu Fahrverboten vor

Das Umweltministerium schreibt in einem Gesetzentwurf: Fahrverbote kommen „in der Regel nur in Gebieten in Betracht“, in denen die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) den Wert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschreitet.


Im Streit um Diesel-Nachrüstungen weigern sich die Autohersteller bislang, die vollen Kosten zu übernehmen. Aber an anderer Stelle verbucht der Bund schon mal einen kleinen Erfolg: Für die geplanten Regelungen zu Fahrverboten gibt es nun einen Entwurf.

Knapp eine Woche nach dem Kabinettsbeschluss zu neuen Maßnahmen gegen Diesel-Fahrverbote hat das Umweltministerium einen Entwurf zu Einschränkungen und Ausnahmen von Fahrverboten vorgelegt. Darin heißt es, dass Fahrverbote "in der Regel nur in Gebieten in Betracht" kommen, in denen die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) den Wert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschreitet. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.

Als Grund für die Einschränkung von Fahrverboten wird genannt, dass solche in Gebieten mit einer nur geringen Grenzwert-Überschreitung "in der Regel" nicht verhältnismäßig seien. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte Fahrverbote generell für zulässig erklärt, wenn sie verhältnismäßig sind.

Die Deutsche Umwelthilfe hatte kritisiert, die Regierung wolle den NO2-Jahresmittelgrenzwert "rechtswidrig" hochsetzen. Dies sei ein Bruch des Europarechts. Die Umwelthilfe hat vor Gericht bereits für mehrere Großstädte in Deutschland Diesel-Fahrverbote erwirkt, die 2019 in Kraft treten könnten – teils laufen noch Verfahren dazu. Das Umweltministerium sieht dagegen keine europarechtlichen Probleme bei der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Sie soll auch festschreiben, dass Fahrzeuge mit Stickoxid-Emissionen von weniger als 270 Mikrogramm pro Kilometer von Fahrverboten ausgenommen sein sollen. Dies zielt vor allem auf Autos der Abgasnormen Euro 4 und 5, deren Abgasreinigung per Software-Update oder Nachrüstung verbessert wurde.

Kabinett entscheidet am 7. November

Die Regelungen gehören zum neuen Maßnahmen-Paket der Bundesregierung gegen Fahrverbote in Städten. Sie sollen bereits am 7. November vom Kabinett beschlossen werden. Teil des Pakets sind auch höhere Preisnachlässe der Hersteller, wenn ein Dieselbesitzer sein altes Auto in Zahlung gibt und dafür ein saubereres kauft, sowie Hardware-Nachrüstungen – die Hersteller weigern sich aber bisher, die vollen Kosten zu übernehmen, wie die Regierung es fordert.

Das Bundesverkehrsministerium hat unterdessen einen neuen Termin festgelegt, an dem eine Expertengruppe einen Abschlussbericht zu Hardware-Nachrüstungen beschließen soll. Auf dieser Grundlage sollte die Bundesregierung eigentlich ihre Haltung zu den Nachrüstungen festlegen. Nachdem ein Gerichtsurteil zu Diesel-Fahrverboten in Frankfurt am Main den politischen Druck mitten im Hessen-Wahlkampf erhöht hatte, hatte das Ministerium von Verkehrsminister Andreas Scheuer den Termin abgesagt und das neue Konzept des Bundes angekündigt, dass auch die Möglichkeit für Hardware-Nachrüstungen vorsieht. Der Bericht soll nun am 20. November verabschiedet werden.

Spitzentreffen zu Nachrüstungen

Ende der kommenden Woche ist ein Spitzentreffen von Verkehrsminister Andreas Scheuer mit den deutschen Autoherstellern zu den umstrittenen Hardware-Nachrüstungen geplant. Hardware-Nachrüstungen – Umbauten am Motor – sind Teil des neuen Maßnahmen-Pakets der Koalition, um Diesel-Fahrverbote zu verhindern. Allerdings weigern sich die Hersteller bisher, die vollen Kosten für die Nachrüstungen zu übernehmen, wie die Regierung es fordert. Kanzlerin Angela Merkel hatte zum Einsatz von Steuergeldern gesagt, dies sei "allenfalls die letzte Option".

Aus Sicht von Umweltverbänden, aber auch Kommunen, sind Hardware-Nachrüstungen die effektivste Maßnahme, um den Schadstoff-Ausstoß in Städten wirksam zu senken. Auch die SPD pocht auf Nachrüstungen. Die Autoindustrie sieht Hardware-Nachrüstungen an älteren Wagen sehr skeptisch: Zu aufwendig, zu teuer und ungünstig für den Verbrauch, lautet die Argumentation.

Scheuer verhandelt seit Wochen mit den drei großen deutschen Herstellern Volkswagen, Daimler und BMW über die Nachrüstungen. VW hatte sich bereit erklärt, 80 Prozent der Kosten zu übernehmen. Konkret geht es um 2400 Euro bei Kosten von insgesamt 3000 Euro je Umbau. VW dränge aus Wettbewerbsgründen aber darauf, dass auch ausländische Hersteller mitmachen, heißt es. Daimler kann sich nach Darstellung aus Industriekreisen ebenfalls vorstellen, 80 Prozent der Kosten zu übernehmen. BMW dagegen lehne eine Beteiligung an Hardware-Nachrüstungen ab.

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