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Politik - 18.11.2018

„Falsche Schwerpunkte gesetzt“: Ost-Länder kritisieren Kohlekommission

Haseloff und Kretschmer fordern mehr Geld für den Strukturwandel der ostdeutschen Kohleregionen (Archivbild).


Schon nächste Woche wollen sich die Mitglieder der Kohlekommission auf ein Konzept für den Kohleausstieg einigen. Mit den Vorstößen können die ostdeutschen Regierungschefs allerdings nichts anfangen. Die Gruppe habe keine Ahnung von Strukturwandel, finden sie.

Bei den ostdeutschen Regierungschefs stoßen die Vorhaben der Kohlekommission auf massive Kritik. Im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff, was er bisher von der Kohlekommission sehe, seien nur "Abwicklungspapiere". Richtig wäre dagegen, erst eine Alternative für die betroffenen Regionen sicherzustellen und dann erst über Ausstiegsszenarien zu reden. Er könne nicht akzeptieren, "was jetzt mit den Leuten im Osten das zweite Mal gemacht werden soll".

Auch Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer warnte der Zeitung zufolge, die Kohlekommission setze die falschen Schwerpunkte. "Sie redet über den Ausstieg aus einer sicheren Energieversorgung statt über den Wandel vor Ort." Die Kommission habe keine Ahnung von Strukturwandel, sagte er. In ihren Papieren seien "nur Maßnahmen beschrieben, ohne den Weg und die Finanzierung der Umsetzung festzulegen".

Zuvor war aus der Kommission bekannt geworden, dass die Verantwortlichen bereits in den nächsten Jahren "signifikante" Stilllegungen bei Kohlekraftwerken in Ost- und Westdeutschland fordern. Insbesondere sei es um das Ziel für 2020 gegangen, 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Bislang ist bis 2020 nur eine Reduktion um 32 Prozent abzusehen. Als denkbar gilt für das Enddatum des Kohleausstiegs ein Korridor zwischen 2035 und 2038. Damit soll der Klimawandel gebremst werden.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission will ihre Arbeit Ende November abschließen. Spätestens am 28. November wollen die Mitglieder sich abschließend auf ein Enddatum und einen Zeitplan für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohlestrom-Produktion einigen, teilten die Vorsitzenden am vergangenen Freitag mit.

"Bedarf zweistelliger Milliardensumme"

Die Kommission mit dem Titel "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" war im Juni eingesetzt worden, um einen Plan für den Kohleausstieg vorzubereiten und gleichzeitig Zukunftsperspektiven für die betroffenen Reviere zu schaffen und den Wegfall von Arbeitsplätzen in der Industrie abzufedern. Geplant war ursprünglich, bis zum Weltklimagipfel Anfang Dezember einen Vorschlag zu machen, wie Deutschland sein Klimaschutz-Ziel für das Jahr 2020 mit möglichst wenig Verspätung erreicht. Ein Gesamtkonzept für den Ausstiegspfad soll laut Einsetzungsbeschluss bis Ende des Jahres vorliegen.

Die ostdeutschen Ministerpräsidenten forderten nun mehr Geld für den Strukturwandel in den Kohleregionen. Bisher wolle der Bund nur 1,5 Milliarden Euro für die Kosten zum Ausstieg aus der Kohleverstromung beisteuern, sagte Haseloff der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Aber es ist jedem klar, dass es einer höheren zweistelligen Milliardensumme bedarf, um den Strukturwandel in den betroffenen Regionen zu begleiten."

Kretschmer warf dem Bund vor, er drücke sich vor den Kosten des Ausstiegs. Er forderte "für den Strukturwandel ein Sondervermögen des Bundes, in das mindestens dreißig Jahre lang jedes Jahr zwei Milliarden Euro eingezahlt werden müssen".

Die Chefs der Staatskanzleien mehrerer Länder hätten darüber vor einigen Tagen mit Vertretern der Bundesregierung gesprochen. "Da ist deutlich geworden, dass dem Bund die Dimension dieses Strukturwandels nicht klar ist", sagte Kretschmer der FAS. "Dass das nicht 1,5 Milliarden Euro kostet, sondern 60 Milliarden."

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