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Politik - 15.11.2018

Dubiose Spenden aus dem Ausland: AfD muss mit zweitem Verfahren rechnen

In Alice Weidels Kreisverband am Bodensee gingen anonyme Großspenden aus dem Ausland ein.


Aus welchen Quellen bezieht die AfD Geld? Die späte Bekanntgabe einer weiteren anonymen Großspende aus dem Ausland bringt die Alternative für Deutschland in Bedrängnis. Kritiker werfen der Partei eklatante Verstöße gegen das Parteiengesetz vor.

In der AfD-Spendenaffäre weitet die Justiz ihre Untersuchungen auf die neu aufgedeckten Zahlungen aus dem EU-Ausland aus. Man werde sich auch diese Gelder anschauen und prüfen, ob der Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz besteht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz. "Natürlich werden wir uns auch zum Thema Belgien unsere Gedanken machen."

Sollte sich auch in diesem Fall ein Anfangsverdacht gegen AfD-Fraktionschefin Alice Weidel bestätigen, würden auch zu dieser Spende Ermittlungen eingeleitet. Dann müsste man wohl das gleiche Prozedere wie bei den Zahlungen aus der Schweiz durchführen und den Bundestagspräsidenten erneut benachrichtigen, da es sich zwar um den gleichen Straftatbestand, aber einen anderen Vorgang handele, sagte der Sprecher.

Generell darf auch gegen Bundestagsabgeordnete ermittelt werden – solange das Parlament dem nicht widerspricht – allerdings erst nach einer Frist von 48 Stunden. Am Vorabend hatte die AfD in Berlin überraschend mitgeteilt, dass Weidels Kreisverband Bodensee auch von einer dubiosen Stiftung eine Großspende erhalten habe.

In diesem Fall ging es den Angaben zufolge um 150.000 Euro. Die AfD geht nach eigenen Angaben davon aus, dass es sich beim Absender der Spende, "Stichting Identiteit Europa", um eine "belgische Stiftung" handelt. Im Netz taucht unter exakt diesem Namen allerdings eine Stiftung mit Sitz in einem Industriegebiet am Stadtrand von Den Haag in den Niederlanden auf. Die spärlichen Angaben zum Stiftungsziel werden auf niederländisch angeboten.

AfD kommt Medienveröffentlichungen zuvor

Wer sich hinter der Stiftung verbirgt, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Der Internetauftritt der Stiftung verweist auf eine allgemein gehaltene Artikelsammlung zum Thema "europäische Identität", als deren verantwortlicher Herausgeber eine Firma namens AMR Consultants B.V. mit Sitz in Rotterdam auftritt.

Der Bundesverband der AfD wollte mit der Bekanntgabe der "belgischen" Großspende offenbar entsprechenden Veröffentlichungen in den Medien zuvorkommen. Das Geld sei in voller Höhe an den Absender zurücküberwiesen worden, hieß es. Zuvor hatte ein gemeinsames Recherche-Team von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" bereits zweifelhafte Geldeingänge beim AfD-Kreisverband Bodensee aufgedeckt, in dem AfD-Fraktionschefin Weidel ihren Wahlkreis hat. Dabei ging es um insgesamt mehr als 132.000 Euro in 18 Einzelspenden. Parteispenden aus Nicht-EU-Staaten sind grundsätzlich illegal, es sei denn ein EU-Unternehmen oder -Bürger ist Absender.

Die "Belgien"-Spende ging am 13. Februar dieses Jahres beim AfD-Kreisverband am Bodensee ein. Die Zahlung hätte zwar als Spende "angenommen werden dürfen", erklärte die AfD-Bundesgeschäftsstelle. "Allerdings konnte der AfD-Kreisverband Bodenseekreis weder die Spenderidentität noch die Spendermotivation zweifelsfrei feststellen, weshalb er letztlich beschloss, das Geld von 'Stichting Identiteit Europa' nicht anzunehmen." Der Bundestag sei deswegen nicht über die Spende informiert worden. Vielmehr sei der Betrag am 9. Mai "in voller Höhe" an den Absender zurücküberwiesen worden. Der Kreisverband habe die Bundesgeschäftsstelle der AfD erst am vergangenen Dienstag über den Vorgang informiert, hieß es. AfD-Bundesgeschäftsführer Hans-Holger Malcomeß habe daraufhin die Bundestagsverwaltung über den "Sachverhalt in Kenntnis gesetzt".

"Rechtsbruch bei der AfD"

Die Spendenaffäre lenkt grelles Licht auf die Finanzierung der AfD insgesamt. Politiker von Grünen, Linkspartei und FDP erhoben schwere Vorwürfe gegen die Partei. "Offenbar gehört der Rechtsbruch bei der AfD zum guten Ton", sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Konstantin Kuhle, dem "Handelsblatt". Im Fall der Schweizer Spendengelder habe die Partei gegen das Verbot von Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland verstoßen. Im Fall der zweiten Geldsumme sieht Kuhle eine klare Verletzung der gesetzlichen Vorgaben, die eine unverzügliche Anzeigepflicht beim Bundestagspräsidenten vorsehen.

Massive Kritik an der AfD äußerte auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. "Ganz offensichtlich hat die AfD beim Umgang mit ihren Parteifinanzen ein massives Problem mit Schwarzen Kassen oder mit Strohmännern für Parteispenden oder mit beidem, in jedem Fall aber mit der Gesetzeslage", sagte von Notz dem "Handelsblatt".

"Die AfD veröffentlicht dubiose Spendenvorgänge offenbar erst, wenn sie gar nicht mehr anders kann", fasste der Parlamentsgeschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, die Lage aus seiner Sicht zusammen. "Wer weiß, was da noch an dunklen Finanzierungskanälen kommt und ob das nicht erst die Spitze des Eisbergs ist." Zudem stelle sich die Frage, "in wessen Auftrag die AfD eigentlich unterwegs ist", fügte Korte hinzu. An die AfD gerichtet forderte der Linken-Politiker: "Es wäre jetzt an der Zeit, mit dem Opferspielen aufzuhören und alles auf den Tisch zu legen." Auch die AfD stehe nicht über dem Gesetz.

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