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Politik - 13.11.2018

Bei Scheitern der Verhandlungen: EU verabschiedet Brexit-Notfallplan

EU-Kommissionpräsident Juncker bereitet die Mitgliedsstaaten auf einen ungeordneten Brexit vor.


Ob beim Luftverkehr, bei Aufenthalts- oder Visafragen: Es drohen chaotische Zustände, sollten sich die EU und Großbritannien nicht auf einen Ausstiegsvertrag einigen. Diesen will die EU nun mit einem Notfallplan vorbeugen.

Die EU-Kommission hat einen Notfallplan für den Fall eines Scheiterns der Brexit-Verhandlungen verabschiedet. Er enthält "eine begrenzte Zahl von Notfallmaßnahmen in vorrangigen Bereichen" wie dem Luftverkehr oder bei Aufenthalts- und Visafragen, wie die EU-Behörde mitteilte. Sie nannte als weitere Gebiete Finanzdienstleistungen, Hygiene- und Pflanzenvorschriften, die Übermittlung personenbezogener Daten und die Klimapolitik. Die Kommission will die Mitgliedstaaten nun stärker bei der Vorbereitung unterstützen. "Der Austritt Großbritanniens wird zu Brüchen führen, ob nun ein Vertrag kommt oder nicht. Wir haben alle die Pflicht, so wenig Schaden wie möglich anzurichten", erklärte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans in Straßburg vor dem EU-Parlament.

Die Verhandlungen mit Großbritannien über den EU-Austritt im März 2019 kommen seit Monaten kaum noch voran. Grund ist das ungelöste Problem der künftigen Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland. Ein für November geplanter EU-Sondergipfel zum Abschluss der Brexit-Verhandlungen wurde deshalb bis auf weiteres verschoben.

May droht Gefahr aus der eigenen Partei

Der Ausstiegsvertrag zwischen der EU und Großbritannien muss erst vom britischen Parlament angenommen werden. Im Unterhaus bedarf es einer einfachen Mehrheit. Doch die ist keinesfalls ausgemacht. May führt eine Minderheitsregierung, die auf die zehn Stimmen der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) angewiesen ist. Diese sträubt sich gegen die derzeit absehbare Vereinbarung mit Brüssel.

Gefahr droht dem Ausstiegsvertrag zudem aus der eigenen Tory-Partei, in der eine laute Fraktion unter Führung von Ex-Außenminister Boris Johnson einen harten Bruch mit der EU verlangt. Und gleichzeitig drohen Europa-freundliche Abgeordnete in Mays Tory-Partei und der Labour-Opposition mit Gegenstimmen. Ohne Deal mit Brüssel würde sich Großbritanniens Verhältnis zur EU mit dem Ausstiegstag, dem 29. März, schlagartig ändern.

US-Bank rechnet mit ungeordnetem Brexit

Der Handel mit den restlichen 27 EU-Staaten etwa, der bisher ohne Kontrollen und Zölle auskommt, müsste auf die wesentlich ungünstigeren WTO-Regeln für den Warenaustausch mit Drittstaaten umgestellt werden. Auch die Übergangszeit nach dem Brexit von zwei Jahren für das Königreich, in der dort die meisten EU-Regeln einfach weiter gelten sollen, wäre dann hinfällig. Unternehmer warnen, dass ein solcher harter Schritt Panik an den Finanzmärkten auslösen würde.

Die US-Investmentbank J.P. Morgan rechnet mit einer Ablehnung des Ausstiegs-Deals durch das Unterhaus. Wegen der Reaktion der Investoren dürfte es aber im zweiten oder dritten Versuch eine Zustimmung geben. Der Prozess könnte sich aber bis Anfang Januar ziehen. Unklar ist, ob May bei einem Nein-Votum durch das Parlament zurücktreten würde. Bei einer kurzfristigen angesetzten Neuwahl 2017 verlor ihre konservative Partei die Mehrheit.

Diese Erfahrung dürfte Nachwirken. Doch hat May in ihrer Partei hartnäckige Kritiker, die ihre Ablösung fordern. Einen offensichtlichen Nachfolger gibt es aber nicht. Neuwahlen sind bei einem Rückzug von May nicht vorgeschrieben, doch könnte das Ringen um einen neuen Premierminister den bereits engen Brexit-Fahrplan verzögern.

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