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Kultur - 07.11.2018

TV-Tipp: Unser Kind

Die Ehe für alle ist in Deutschland seit einem Jahr in Kraft. Dass homosexuelle Paare dennoch nicht völlig gleichgestellt sind, will jetzt das ARD-Drama «Unser Kind» zeigen.

Nach Katharinas Tod sucht Wolfgang (Andreas Döhler) immer wieder die Nähe zum Kind; Ellens (Susanne Wolff) Misstrauen wird größer. Foto: Martin Valentin Menke

Schwule und lesbische Paare dürfen seit Oktober 2017 in

Deutschland heiraten und sind somit per Familienrecht gleichgestellt. Das sogenannte Abstammungsrecht wurde bislang jedoch nicht angeglichen. Was das für den Lebensalltag zweier lesbischer Frauen und deren Kind bedeutet, zeigt das Drama «Unser Kind» an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) im Ersten.

Katharina (Britta Hammelstein) und Ellen (Susanne Wolff) sind ein glückliches Paar in Bonn – und sie wünschen sich ein Kind. Katharina wird nach einer künstlichen Befruchtung Mutter eines Sohnes, kommt aber wenig später bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Ihre Frau Ellen ist zwar Vormund des kleinen Franz, das Sorgerecht hat sie – anders als in heterosexuellen Ehen – ohne Adoption (als Stiefkind) aber nicht.

Sie hatte sich zwar schon um die notwendigen Papiere gekümmert, doch Katharina hatte das Ausfüllen immer wieder verbummelt. Prompt melden nun nicht nur ihre Eltern (

Ernst Stötzner, Victoria von Trauttmansdorf), sondern auch der biologische Vater von Franz, Wolfgang (Andreas Döhler), Ansprüche auf den Kleinen an. Wolfgangs Frau Natalie (Lisa Wagner) hatte Wolfgang einst zu seiner Samenspende überredet.

Wolfgang kifft ziemlich viel und holt Franz, den er sehr lieb gewonnen hat, immer öfter zu sich. Das führt vermehrt zu Spannungen mit seiner Frau, die sich an das Versprechen an Katharina gebunden fühlt, dass Franz für immer ihr Sohn bleiben werde. Ellen trauert sehr um ihre Frau, einziger Trost ist ihr Vater Walter (Paul Faßnacht), der sie mit ihrem Sohn gerne zu sich auf seinen Bauernhof holen möchte. Ellen wird in der Erziehung zunehmend übergangen, obwohl sie alles versucht und beruflich sogar in Teilzeit geht. Allerdings sind die – schließlich doch von ihr unterzeichneten – Adoptionspapiere aus Katharinas Rucksack verschwunden.

Es sind die drei verschiedenen und geschickt gewählten Perspektiven, die diesen komplexen Film – trotz verwirrender Zeitsprünge, unpassender Musik und teilweise ziemlich gestammelter Dialoge – so vielschichtig und glaubhaft machen. Drei Parteien kämpfen auf ihre Weise um das Sorgerecht: Die Grosseltern wollen so den Tod ihrer Tochter bewältigen, der Kindsvater möchte ein Brüderchen für sein anderes Kind – und niemanden interessiert das, was Ellen möchte und was ihr zusteht.

Dass unter dem egoistischen Gezerre am meisten das Kind leidet, machen Regisseurin Nana Neul (44, «Stiller Sommer») und Autorin Kristl Philippi («Urmila») ebenso deutlich wie die Rechtsumstände. Sie zeigen in ihrem wichtigen Film durchweg ambivalente Figuren, die von den grandiosen Schauspielern – allen voran Susanne Wolff («Styxx», im Kino) mit allen ihren, nicht unbedingt sympathischen, Facetten glaubhaft verkörpert werden.

Das unterschiedliche Abstammungsrecht für hetero- und homosexuelle Paare sorgt trotz der

Ehe für alle noch immer für Diskriminierung und Zweifelsfälle. Wie in dieser Geschichte hat dann nämlich der Samenspender mehr Rechte als die Witwe, was schließlich im Urteil vor Gericht auch klar zum Ausdruck kommt.

«Dass das in der homosexuellen Ehe anders ist, ist schlichtweg ungerecht. Ich finde schon, dass man dem Aufmerksamkeit schenken sollte», sagte Regisseurin Neul in einem ARD-Interview. Dieses Engagement ist durchaus zu begrüßen, denn mehrere Elternteile sind bei uns nicht zulässig; Frauen können eine Mutterschaft nicht anerkennen, Männer eine Vaterschaft hingegen schon. Fazit: Die Welt in Deutschland könnte bunter und weiter sein, wenn das geltende Recht sich mehr an der Lebenswirklichkeit orientieren würde.

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