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Kultur - 05.12.2018

TV-Tipp: Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau

Personen der Zeitgeschichte sind stets interessant für Verfilmungen. Jetzt geht es um das Leben und Schaffen der Verlegerin Aenne Burda.

Zwei Alphatiere: Aenne Burda (Katharina Wackernagel) und ihr Mann Franz (Fritz Karl). Foto: Patrick Seeger

Starke Frauen hat es immer gegeben, und das ist kein Klischee. Aber noch heute müssen sich Frauen im Berufsleben in einer dominierenden Männerwelt behaupten.

Wie das in den 50er und 60er Jahren gewesen ist, schildert nun ein Zweiteiler über eine ganz besondere Frau: «Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau», an diesem und am darauffolgenden Mittwoch jeweils um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen. Im Anschluss an Teil 2 wird die Dokumentation «Aenne Burda – Die Königin der Kleider» (21.45 Uhr) gezeigt.

Der Film setzt im Jahr 1949 ein: Aenne Burda (Katharina Wackernagel) heißt da noch Anna, lebt in Offenburg, hat drei Söhne und ist die Gattin des Verlegers Franz Burda (Fritz Karl). Sein Verlag wird schnell größer, das traute Heim ebenso, doch das wohlsituierte Leben einer «Frau an seiner Seite» genügt Anna schon bald nicht mehr. Sie möchte eine eigene Modezeitschrift gründen, um damit die Frauen aus ihrem grauen Nachkriegs-Einheitslook herauszuholen.

Eine arbeitende Frau passt nicht in das Weltbild des Verlegers, der seine Gattin schon längere Zeit mit seiner Ex-Sekretärin im Nachbarort Lahr betrügt und mit ihr eine kleine Tochter hat. Nicht nur das: Er finanziert ihr bereits eine eigene Zeitschrift. Die fassungslose Anna setzt ihrem Mann die Pistole auf die Brust: Entweder er willigt in die Scheidung ein, oder er überschreibt ihr die Zeitschrift. Sie bekommt sie, nennt sich nun Aenne und macht das Blatt namens «Burda Moden» – mit den von ihr erfundenen Schnittbogenmustern zum Rädeln -, zu einem riesigen Erfolg.

Aenne Burda (1909-2005) ist hier als eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu sehen, die sich ganz sicher für die Emanzipation der Frau einsetzte, ohne überhaupt davon gewusst zu haben. Sehr selbstbewusst trat sie auch gegenüber ihrem ebenfalls streitbaren Mann Franz (1903 -1986) auf, der hier als selbstgefälliger Hallodri samt Zweitfamilie geschildert wird. Die beiden führen offensichtlich eine nach außen hin bürgerliche Ehe zweier Alphatiere. Deutlich wird eine Doppelmoral in vielerlei Hinsicht: Frauen dürfen gar nichts, außer den Haushalt führen, und fremdgehen schon mal gar nicht. Auch das macht die Film-Aenne, in Sizilien, und ansonsten fährt sie flott in einem Käfer-Cabriolet des Karosserieveredlers Hebmüller herum.

Regisseurin Francis Meletzky (45, «Die kalte Wahrheit», «Nur eine Handvoll Leben») und Autorin Regine Bielefeldt (44, «Keine Zeit für Träume») entschieden sich für einige weitere filmische Freiheiten. Sie zeigen die eloquente Verlegerin dennoch so, wie sie vermutlich war – als eine durchsetzungsstarke Frau mit klaren Ansagen und dominantem Ton, die ihren Mann ziemlich im Griff hat und ihre Angestellten sowieso, die sie gerne beschenkt, auch mal mit einem nagelneuen Porsche.

«Was ich mitnehme aus der Erfolgsgeschichte von Aenne Burda, ist, dass es nicht um männliche oder weibliche Attribute geht, sondern um den Mix», sagte Regisseurin Meletzky im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Vision, Willensstärke, Sinnlichkeit, Dominanz, Fleiß, Härte und den Riecher um die wirklich guten Mitarbeiter.» Ihrer Ansicht nach wäre eine Scheidung der Burdas damals nicht zu modern gewesen, sondern zu ineffektiv.

Natürlich setzt der teilweise melodramatische Film auf eine detailgetreue Ausstattung und Kostüme, aber Offenburg ist halt nicht Paris, und so müssen Schauplätze in Berlin und Sizilien her. Katharina Wackernagel macht ihre Sache so präsent und überzeugend, dass Fritz Karl dagegen kaum eine Chance hat. Wackernagel sagt, dass Aenne Burda ganz sicher eine moderne Frau gewesen sei, die sie als Vorbild ansehe. «Ich glaube, Aenne Burda wurde ein Vorbild, ohne dies je zu beabsichtigen», so Meletzky. «Sie wollte sich selber retten und hat dabei die Emanzipation mehr vorangetrieben als manche Frauenrechtlerin. Sie wollte einfach – um es mit Udo Lindenberg zu sagen – ihr Ding machen. Ja, das hat Vorbildfunktion.»

Dialoge wie «Brauchen Sie noch etwas? – Ein Wunder wäre nicht schlecht» und «Was machen Sie denn da? – Nachschauen, ob noch ein Wunder da ist» sind zwar stellenweise durchaus gelungen, doch hätte – insgesamt betrachtet – ein einzelner Film vollauf genügt. Der konventionelle Zweiteiler über eine unkonventionelle Verlegerin macht zumindest eines deutlich: Sie war eine visionäre und mutige Frau.

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