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Kultur - 22.10.2018

Katja Eichinger: „Konsum stößt mich zugleich ab und fasziniert“

Sie ist erfolgreiche Journalistin und Witwe des Filmproduzenten Bernd Eichinger. Im stern-Interview erzählt Katja Eichinger, wie sie dazu gekommen ist, das neue Album der US-Elektroniker Tempers zu produzieren – und gewährt einen kleinen Einblick in Ihr Privatleben.

Katja Eichinger (r.) mit Edward Cooper und Jasmine Golestaneh von der New Yorker Electro-Band Tempers, deren neues Album „Junkspace“ sie produziert hat.

Frau Eichinger, wir haben zuletzt 2014 von Ihnen gehört, als Sie den Roman „Amerikanisches Solo“ veröffentlichten. Was haben Sie seither gemacht?
2015 habe ich gemeinsam mit Glenn O’Brien „Warholmania“ in München präsentiert. Das war eine Retrospektive von Warhol-Filmen in Kombination mit Warhols Gemälden, Zeichnungen und TV-Arbeiten im Museum Brandhorst. Eine ziemlich umfangreiche Angelegenheit. Sehr erfolgreich, aber auch traurig, denn Glenn wurde dann sehr krank und verstarb 2017. Nach „Warholmania“ musste ich dann erstmal wieder zu Sinnen kommen. Also habe ich ein Drehbuch geschrieben ebenso wie Texte für Zeitschriften und Bücher. 2016 habe ich eine Fotoarbeit über Shopping Malls für die „World of Malls“-Ausstellung im Architekturmuseum der Pinakothek der Moderne angefertigt. Aber das war jetzt alles nicht besonders öffentlich. Die Zurückgezogenheit hat gut getan. Ich hab viel Klavier gespielt.

Nun haben Sie erstmals ein Album produziert. Wie ist es dazu gekommen?

Musik spielt eine enorme Rolle in meinem Leben. Während der Schulzeit habe ich mir mein Taschengeld als Kirchenorganistin verdient. Habe da die ganze Ausbildung durchlaufen. Das Album ist ja der Shopping Mall gewidmet. JG Ballard hat die Mall als Kirche der Vorstädte bezeichnet. Vielleicht gibt es da einen Zusammenhang. Jedenfalls hatte ich die Idee für dieses Konzeptalbum und habe meine Freundin Jasmine Golestaneh von der New Yorker Electro-Band Tempers angerufen. Sie ist in Florida geboren und hat als Kind viel Zeit in den Malls von West Palm Beach verbracht. Ganz in der Nähe von Trumps Gruselvilla. Da hatte sie viele Erinnerungen und Assoziationen. Sie und ihr Bandkollege Eddie Cooper hatten Lust, das Album mit mir zu machen. Und so ging’s los. 

Zwischen den Songs spricht der berühmte Architekt

Rem Koolhaas. Wie ist diese Verbindung entstanden – und was ist die Idee dabei?
Durch Rem bin ich überhaupt erst auf die Idee für das Album gekommen. Nach der „World of Malls“ Ausstellung kam die Vogue auf mich zu und fragte, ob ich Rem Koolhaas über seinen Umbau des KaDeWe interviewen wollte. Da war ich sofort dabei. Seine Arbeit interessiert mich sehr. Mit Rem sprach ich über die These, dass Architektur gefrorene Musik ist. Und plötzlich kam mir der Gedanke: Wie würden eigentlich geschmolzene Shopping Malls klingen? Rem war dann so nett und erlaubte uns, das Interview in das Album einzuarbeiten.

Sie sind Geburtsjahr 1971, wurden musikalisch also in den 80er Jahren sozialisiert. Wie spiegelt sich das in Ihrer Musik wider?
Dunkler Synthesizer-Sound, ganz klar. Ich bin ein riesen Fan von Mute Records – Kraftwerk, Nick Cave, Depeche Mode, Can, Erasure, New Order, Goldfrapp… Und ich muss auch zugeben, dass ich alle Sisters-of-Mercy-Platten besitze.

Welche Künstler würden Sie als ihre wichtigsten musikalischen Einflüsse bezeichnen?
Siouxsie and the Banshees, Kraftwerk, Nick Cave, Spiritualized, Radiohead.

Ihr Album ist „Junkspace“ betitelt. Steckt da eine tiefere Aussage hinter?
„JUNKSPACE“ heißt ein Essay von Rem Koolhaas, der im „Harvard Design School Guide to Shopping“ erschien. Meiner Ansicht nach ist das der beste Text zum Thema Shopping Malls und Konsumarchitektur. Und Konsum, dieses Hamsterrad des Begehrens, ist etwas, was mich zugleich abstößt als auch fasziniert.  

Ihr Ehemann Bernd Eichinger ist im Januar 2011 überraschend verstorben. Gibt es mittlerweile einen neuen Mann in Ihrem Leben?
„Der Mann muss ins Haus, und wenn das Klavier raus muss“ hat meine pommersche Großmutter immer gesagt, wenn sie die Männerfixierung irgendeiner weitläufigen Verwandten beschreiben wollte. Ich hänge sehr an meinem Steinway-Flügel.

Katja Eichinger hat das Konzeptalbum „Junkspace“ des New Yorker Elektroduos Tempers  produziert. Das Album erscheint am 9. November bei BMG. Die Single „Love at the Mall (feat. Rem Koolhaas)“ ist schon jetzt erhältllich.

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