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Kultur - 17.12.2018

Gelungenes Prequel: «Bumblebee»: Action-Überraschung zum Jahresfinale

Auch vermeintlich brutale Kampfroboter haben zuweilen eine Seele: Travis Knight kündet in seinem ungewöhnlichen Action-Film von einer Begegnung der zärtlichen Art.

Bumblebee leidet unter seinem Gedächtnisverlust. Foto: Paramount Pictures

Die «Transformers», das sind außerirdische Roboter, die sich zu jeder Zeit in Furcht erregende Kampfmaschinen verwandeln können. Auch im Kino haben sich die auf einer erfolgreichen amerikanisch-japanischen Spielzeugreihe basierenden Figuren längst breit gemacht.

Die fünf bisherigen, allesamt von Michael Bay inszenierten und an den Kinokassen erfolgreichen Actionspektakel jedenfalls waren nichts für empfindliche Augen und gar nichts für sensible Ohren. Dass es im nun startenden sechsten Ableger der Reihe ruhiger und gemäßigter zugeht, ist wohl auch dem neuen Regisseur zuzuschreiben.

Erstmals saß kein Michael Bay, sondern Travis Knight auf dem Regiestuhl. Der Amerikaner konnte bisher etwa mit seiner Beteiligung an dem wunderbaren Stop-Motion-Abenteuer «Coraline» auf sich aufmerksam machen. «Bumblebee», Travis neuer Film, gilt als ein so genanntes Prequel: Er nimmt uns mit in die Zeit vor dem ersten «Transformers»-Film. Der kam 2007 ins Kino. In «Bumblebee» zu sehen sind Hailee Steinfeld («True Grit») und John Cena («Der Sex-Pakt»). Kalifornien, 1987.

Charlie, gerade 18, kämpft an vielen Fronten mit den Herausforderungen des Erwachsenwerdens. Dass sie mit manchem nicht einverstanden ist, das transportiert die junge Frau auch über ihr Äußeres: Die von ihr präferierten Farbtöne sind eher im gedämpften Spektrum zu finden, was gut zur dunklen Haarmähne passt. Abwechslung tut dringend Not. Dass diese ausgerechnet in Form eines knallgelben, außerirdischen Kampfroboters in Charlies Leben tritt, kann sie freilich nicht ahnen. Schnell aber freunden sich Charlie und Bumblebee an.

Getarnt als VW-Käfer hatte sich dieser auf einem Schrottplatz versteckt gehalten. Von seinem zerstörten Heimatplaneten Cybertron aus war der Transformer eigentlich mit der Mission gen Erde geschickt worden, hier eine neue Basis für Kampfmaschinen zu etablieren. Bei seiner Landung aber geht einiges schief und Bumblebee seines Gedächtnisses verlustig. Rührend nimmt sich der desillusionierte Teenager des empfindsamen Metallhaufens an.

Hervorzuheben an dem in vielerlei Hinsicht gelungenen Film ist etwa die famose Farbdramaturgie. Vor allem das Gelb sticht hervor – was freilich nicht zuletzt damit zu tun hat, dass Bumblebee – egal in welcher Manifestation – zu einem Großteil in diese Farbe getaucht ist. In einer der ersten Szenen sind, in einen gelben Karton verpackte Cerealien zu sehen, Charlies vorlauter Bruder hat es im Karate bis zum gelben Gürtel gebracht. In der Szene, die uns erstmals mit Charlie vertraut macht, sehen wir den Teenager mit einem gelben Walkman.

Mit ähnlich viel Bedacht sind all die 80er-Jahre-Reminszenzen gewählt, die diesen Film mitprägen. Mehrmals spielt die TV-Serie «Alf» eine Rolle, einmal ist ein Foto Ronald Reagans zu sehen; vor allem über die Musik-Auswahl aber verneigt sich Regisseur Knight vor dem Jahrzehnt: Charlie ist großer The-Smiths-Fan – zu hören aber sind auch Songs von A-ha, Tears for Fears, Rick Astley und anderen.

Hauptaktrice Hailee Steinfeld trägt mit ihrer, zwischen Adoleszenz-Melancholie, Trauer und Aufbruchstimmung oszillierenden Darstellung zum Attraktionspotenzial des Films bei. Stets trifft Steinfeld, geboren 1996 an der amerikanischen Westküste, den rechten Ton. Nebst der, von ihr glaubhaft gemachten Traurigkeit um ihren früh verstorbenen Dad, sind es die Momente, in denen sie und Bumblebee allein sind, die nachklingen. Und doch darf gelacht werden. Etwa, als Charlie, angetan mit einem T-Shirt der Heavy-Metal-Legende Motörhead, fragt, ob Bumblebee (dieses übergroße Metallmonster) «Metal» möge.

Immer wieder konzentriert sich der Film (Drehbuch: Christina Hodson) auf die Abnabelungsversuche Charlies. Dass ihr das schnuckelige und doch bescheidene Haus, das sie sich mit Bruder, Mutter und Ersatz-Vater teilt, nun, da sie 18 ist, endgültig zu eng geworden ist, ist spürbar. «Bumblebee», welch’ hübsche Volte, ist ein Coming-Of-Age-Drama im Gewand eines Action-Films.

«Bumblebee» gehört zu den Überraschungen des sich dem Ende zuneigenden Filmjahrs. Der Streifen ist tiefsinniger, lustiger und emotionaler, als man dies nach den bisherigen, vor allem auf Geschwindigkeit, Geräuschexzesse und Kampfszenen abonnierten «Transformers»-Filmen erwarten konnte. Er transportiert ein wunderbares kalifornisches Lebensgefühl – ein Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit. Mehrmals sieht man im Hintergrund von Charlies Haus die in sanftes Licht getauchte Golden Gate Bridge.

Auch die in so vielen Werken ähnlichen Zuschnitts unangenehme Überbetonung der Action-Sequenzen bleibt diesmal aus. Fast, dass man von «Bumblebee», der kurz vor dem Fest in die Lichtspielhäuser kommt, als von einem Weihnachtsfilm sprechen möchte. Um einen der romantischsten Action-Filme seit langer Zeit handelt es sich bei dem 113-Minüter in jedem Fall.

Bumblebee, USA 2018, 113 min, FSK ab 12, von Travis Knight, mit Hailee Steinfeld, John Cena, Dylan O’Brien

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