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Gesundheit - 25.06.2019

Stoppt eine kalte Dusche die Schweißproduktion?

Mann beim Duschen im Freibad: Kaltes Wasser von außen kann die Körpertemperatur erst einmal herunterregeln. (Quelle: Hubert Jelinek)

Heiße Saharaluft bringt Deutschland ins Schwitzen – und die Gerüchte zum Kochen: „Das gibt auf jeden Fall hitzefrei!“ oder „Dank Ventilator bleibt die Bude kühl.“ Was ist dran an solchen Aussagen?

Es ist Sommer. Da scheint die Sonne, die Temperaturen steigen – wie in (fast) jedem Jahr. Und mit den sommerlichen Hitzewellen kommen zuverlässig wieder dieselben Fragen auf: Was bringt Abkühlung? Wie kann man sich schützen? Ein Faktencheck:

Aussage: Mittags ist es am heißesten.

Falsch. Die Sonne steht um die Mittagszeit zwar am höchsten und gibt die stärkste Strahlung ab. Die Lufttemperatur erreicht ihr Maximum aber erst mit einigen Stunden Verzögerung. Erst wenn die Erdoberfläche soweit aufgeheizt ist, dass auch Straßen, Dächer und andere Objekte wieder Wärme abgeben, entstehen nach Aussage von Wetterexperten die Höchstwerte des Tages.

Hinzu kommt, dass der Höchststand der Sonne in Deutschland nicht um 12 Uhr mittags erreicht wird, sondern wegen der Sommerzeit nicht vor 13 Uhr. So ist es beispielsweise in Görlitz, am östlichsten Zipfel Deutschlands. Die Stadt liegt genau auf dem 15. Längengrad, sie ist deshalb idealtypisch für die Berechnung der „Normalzeit“ in Deutschland. In Aachen an der Westgrenze erreicht die Sonne Ende Juni erst mehr als eine halbe Stunde später, also gegen 13.40 Uhr, ihren Höchststand.

Je nach Umgebung wird die höchste Temperatur deshalb erst am späteren Nachmittag zwischen 16 und 18 Uhr gemessen.

Aussage: Bei Temperaturen über 35 Grad gibt es hitzefrei.

Falsch. Es gibt kein „Hitzefrei-Gesetz“, das eine Höchsttemperatur im Klassenzimmer oder am Arbeitsplatz vorschreiben würde.

Die meisten Bundesländer haben die Entscheidung darüber, wann der Unterricht im Klassenzimmer nicht mehr zumutbar ist, an die einzelnen Schulen delegiert. Dort wird aber auch organisiert, dass Schüler und Lehrer gemeinsam an kühlere Orte wie Parks wechseln können oder zum Beispiel Hausaufgaben entfallen. Die Schüler einfach nach Hause zu schicken, geht ohnehin nicht: Die Schulen sind zur Aufsicht verpflichtet.

Im Beruf stehen die Chance auf hitzefrei noch schlechter. Zwar muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Mitarbeiter im Job vor Gesundheitsgefahren geschützt sind. Büros seien ab 35 Grad nicht als Arbeitsräume geeignet. Das gelte aber nur, wenn keine Kühlmaßnahmen ergriffen werden.

Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen „soll +26 °C nicht überschreiten“, geben die Experten im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums vor. Wenn es draußen noch wärmer wird, müssten Schutzmaßnahmen ergriffen werden – etwa mit Sonnenschutz-Systemen, einer Lockerung von Kleidungsvorschriften, Gleitzeitregelungen oder der Bereitstellung von Trinkwasser.

Aussage: Beduinen schützen sich mit dunkler Kleidung gegen Hitze.

Richtig, aber entscheidend ist eher der Schnitt als die Farbe der Kleidung. Weiße Kleidung wirft das Sonnenlicht zurück, schwarze dagegen saugt es auf. Dennoch bevorzugen viele Wüstenbewohner in Nordafrika und dem Nahen Osten dunkle Gewänder. Israelische Forscher haben das schon 1980 genauer untersucht und Vergleichsmessungen mit Beduinen in der Negev-Wüste vorgenommen.

Das Ergebnis: Die Farbe der Gewänder machte kaum einen Unterschied, wohl aber der Schnitt. Denn die Beduinen tragen ihre Roben locker um den Körper – so kann zwischen den Lagen Luft hindurchströmen, die die Wärme abtransportiert und die Haut so kühlt. Probanden in eng sitzenden helle Uniformen oder kurzen Hosen wiesen dagegen höhere Hauttemperaturen auf.

Aussagen: Eine kalte Dusche stoppt die Schweißproduktion.

Falsch. Durch das kalte Wasser geht die Körpertemperatur erstmal runter, das Gehirn bekommt ein Kältesignal. Die unter der Oberfläche gelegenen Blutgefäße ziehen sich zusammen, um Wärmeverlust zu verhindern. Nach der Dusche muss sich der Körper dann wieder auf die heiße Außentemperatur einstellen – die Gefäße reagieren mit verstärkter Schweißproduktion.

Experten raten deshalb ab, im Hochsommer unter Körpertemperatur zu duschen.

Aussage: Warmer Tee ist bei Hitze erfrischender als eine eiskalte Limonade.

Richtig. Wie bei kalten Duschen wird mit Kaltgetränken der Stoffwechsel angeregt, der Körper reagiert auf den Kälteimpuls mit Wärmeproduktion. Am Ende fließt sogar mehr Schweiß, der Körper verliert die dringend benötigte Flüssigkeit, man hat mehr Durst – ein gefährlicher Kreislauf.

Der menschliche Körper ist darauf eingerichtet, alle Speisen und Getränke an die etwa 36,7 Grad Körpertemperatur anzugleichen. Kaltes wird erwärmt, Heißes gekühlt – beides ist mit kleinen Anstrengungen verbunden.

Hitzeprofis bevorzugen deshalb warme Getränke. Das zusätzliche Wärmesignal sorgt dafür, dass sie ständig – aber nur leicht – schwitzen, was zu Verdunstungskühle führt. Der in Nordafrika besonders beliebte Pfefferminztee hat zudem eine kühlende Wirkung.

Aussage: Bei Sommerhitze können Ventilatoren Abkühlung schaffen.

Ungewiss. Ventilatoren bringen die Luft in ihrer Umgebung in Bewegung. Wer sich in diesem Luftzug befindet, spürt eine Abkühlung, wenn Schweiß auf der Haut verdunstet. Die Raumtemperatur sinkt durch den künstlich erzeugten Wind aber nicht.

Eine Studie von 2016 zu den Wirkungen von Ventilatoren konnte deren positive Effekte 2016 nicht belegen. Bei Temperaturen über 35 Grad könnte der allzu warme Luftstrom sogar zu einer Überhitzung und Dehydrierung des Körpers führen, heißt es. Wetterexperte Jörg Kachelmann ist dennoch überzeugt: „Mit einem anständigen, Wind machenden Propeller hält man fast jede Temperatur aus.“

Beim Autofahren kühl und konzentriert bleiben

Laut ADAC gäbe es an heißen Tagen mehr Unfälle, die auf mangelnde Konzentration zurückzuführen seien, wie beispielsweise Auffahrunfälle. Autofahrer können das Risiko senken, wenn sie kurz vor dem Losfahren sowohl Fenster als auch Türen öffnen und anfangs in ihrem Fahrzeug die Umluft einschalten. Anschließend können die Fenster geschlossen, die Umluft aus- und die Klimaanlage eingestellt werden, so der ADAC. Die Temperatur der Klimaanlage sollte zudem nicht zu kalt sein, da dies zusätzlich die Konzentration belasten kann.  Zudem erhöht eine zu niedrige Temperatur die Anfälligkeit für Verspannungen und Erkältungen. 

Parkt ein Auto in der prallen Sonne, könne sich das Innere schon nach einer Stunde auf bis zu 60 Grad aufheizen, warnt der ADAC. Deshalb sollten Autofahrer bei Hitze niemals Kinder und Tiere im Wagen zurücklassen. Das könne schon nach wenigen Minuten lebensgefährlich werden.

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