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Deutschland - 26.02.2019

Wegweisender Glyphosat-Prozess beginnt in San Francisco

In den USA startet der zweite Prozess gegen die Bayer-Tochterfirma Monsanto wegen angeblich verschwiegener Risiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter. Damit nimmt eine breite Klagewelle Fahrt auf.

Monsanto findet sich in den USA wegen seiner Unkrautvernichter mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat erneut auf der Anklagebank wieder. Nachdem der Saatgutriese im vergangenen Jahr bereits eine bittere Schlappe vor einem US-Gericht kassiert hatte, hat an diesem Montag in San Francisco der zweite Prozess begonnen. Auch hier geht es um angebliche Krebsrisiken von Monsantos Verkaufsschlager „Roundup“. Das Tochterunternehmen der Bayer AG wird beschuldigt, die Gefahren des Pflanzenschutzmittels bewusst verschwiegen zu haben. Für den deutschen Chemieriesen geht es um viel Geld – und der gute Ruf steht auf dem Spiel.

Der Kläger Edwin Hardeman macht Monsantos Unkrautvernichtungsmittel Roundup für seine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs verantwortlich. Monsanto habe das „für die menschliche Gesundheit gefährliche“ Produkt ohne hinreichende Warnungen verkauft und müsse dafür zu Schadenersatz verurteilt werden, heißt es in der Anklageschrift. Bayer und Monsanto weisen die Vorwürfe energisch zurück. Doch das Risiko für den Konzern ist groß – insgesamt gibt es in den USA in der Sache rund 9300 Kläger, die Prozesswelle kommt also gerade erst in Fahrt. Viele dieser Verfahren wurden bei einzelnen Gerichten gebündelt.

Die Bayer-Zentrale in Leverkusen: Die Gerichtsverfahren um Glyphosat könnten für den Konzern aus Leverkusen sehr teuer werden

Das erste Urteil in einem US-Rechtsstreit um Glyphosat hatte im August für großes Aufsehen gesorgt und klargemacht, wie riskant die rund 63 Milliarden Dollar teure Monsanto-Übernahme für Bayer ist. Eine Geschworenenjury hatte entschieden, dass das Saatgut-Unternehmen dem Krebspatienten Dewayne Johnson insgesamt 289 Millionen Dollar (umgerechnet und 255 Millionen Euro) zahlen müsse. Zwar senkte die zuständige Richterin die Summe später drastisch und auch der geringere Schadenersatz sagt bisher wenig aus, da der Konzern Berufung eingelegt hat. Dass es aber überhaupt zu einem Schuldspruch kam, war ein Schock, der die Bayer-Aktie auf Talfahrt schickte und massiv am Börsenwert zehrte.

Erstes Pilotverfahren vor Gericht

Nun wird es jedoch erst richtig ernst. Denn anders als beim ersten Prozess handelt es sich jetzt um den ersten Fall, der vor einem Bundesbezirksgericht verhandelt wird und Teil eines Massenverfahrens ist. Beim zuständigen Richter Vince Chhabria sind in dem Pilotverfahren zahlreiche Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt. Der Fall Hardeman ist ein sogenannter Bellwether Case, dessen Ausgang als richtungsweisend für viele andere Klagen in den USA gilt.

Schon seit Monaten beharken sich die Anwälte der Streitparteien bei der Prozessvorbereitung, Dabei geht es etwa um die Frage, welche Studien als potenzielle Beweismittel zugelassen werden. Der Standpunkt von Richter Vince Chhabria ist bislang schwer einzuschätzen. Er hatte sich zwar zunächst skeptisch gezeigt, ob die Beweislage eindeutig genug sein könne, um zu dem klaren Schluss zu kommen, dass Glyphosat Krankheiten wie Lymphdrüsenkrebs verursache, wie von den Klägern behauptet. Bei der Streitfrage, welche Beweismittel anerkannt werden, konnte sich aber keine der Prozessparteien richtig durchsetzen. Nachdem es zunächst schien, als würde jede Menge Material gegen Monsanto aus dem Prozess herausgehalten, soll dieses nun doch zumindest teilweise zugelassen werden.

Kompliziertes Verfahren

Die Scharmützel im Vorfeld zeigen bereits, wie schwer es die Jury am Bundesgericht in San Francisco haben wird. Denn es geht um Fachfragen, die hohe Expertise erfordern. So konnte die Wissenschaft bislang nicht eindeutig klären, ob das Herbizid zu Krebs führen kann. Bayer und Monsanto beriefen sich lange auf rund 800 Studien, die belegen sollten, dass Glyphosat „sicher angewendet werden kann und nicht krebserregend ist“. Zuletzt ruderten sie jedoch zurück und räumten ein, dass nicht alle Untersuchungen sich konkret auf Krebsrisiken des Herbizids beziehen.

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Die Gegenseite hat ebenfalls eine Menge Material zur Hand. Jüngst erst erschienen zwei neue Studien, die Bayer belasten könnten. Vor allem aber stützen sich die vielen US-Klagen auf die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Monsantos Unkrautvernichter 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen einstufte.

Ein Erfolg für Bayer war indes Richter Chhabrias Entscheidung von Januar, das Sammelverfahren in zwei Stufen zu teilen. Dadurch wird es zuerst um die Frage gehen, ob Glyphosat krebserregend ist. Sollten die Kläger dies belegen können, so würde dann im weiteren Verlauf erörtert, ob Monsanto arglistig über Risiken seiner Produkte hinweggetäuscht hat.

kle/AR (dpa, afp, rtr)

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