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Deutschland - 07.01.2019

Scholz warnt vor sinkenden Staatseinnahmen

Seit Jahren brummt die Wirtschaft in Deutschland und die Steuereinnahmen steigen. Nun verkündet Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ein baldiges Ende des jahrelangen Wirtschaftsaufschwungs.

„Die schöne Zeit, in der der Staat immer mehr Steuern einnimmt als erwartet, geht zu Ende“, sagte Scholz der „Bild am Sonntag“. „Für 2018 werden wir noch mal einen Steuerüberschuss ausweisen können, aber nun sind die fetten Jahre vorbei.“ Von jetzt an erwarte er „keine unvorhergesehenen Mehreinnahmen mehr, schon gar nicht in solcher Größenordnung.“

Somit ist die von der Union und Teilen der SPD geforderte komplette Abschaffung des Solidaritätsbeitrags in Zeiten des nahen wirtschaftlichen Abschwungs für Scholz unrealistisch. „In den Koalitionsverhandlungen haben wir aus guten Gründen vereinbart, dass Bürgerinnen und Bürger mit einem sehr hohen Einkommen weiter den Soli bezahlen sollen“, sagte Scholz.

Wer eine Million Euro im Jahr verdiene, würde durch die Abschaffung des Soli 24.000 Euro weniger Steuern zahlen. „Selbst ich als Bundesminister mit 180.000 Euro Jahreseinkommen würde durch die Komplettabschaffung etwa 3600 Euro Steuern pro Jahr sparen. Das ist nicht der richtige Weg.“

Entlastung der kleinen und mittleren Haushalte

Stattdessen müssten niedrige und mittlere Einkommen entlastet werden. „Ich gehe davon aus, dass sich unsere Koalitionspartner an die Vereinbarung halten“, sagte Scholz. Das nötige Gesetz zur Soli-Abschaffung wolle er in diesem Jahr dem Kabinett vorlegen. Laut Koalitionsvertrag soll für 90 Prozent der Steuerzahler der Soli ab 2021 wegfallen. Für den Bundeshaushalt sind das laut Scholz zehn Milliarden Euro weniger jedes Jahr.

Auch dem Vorschlag des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), die Soliabschaffung vorzuziehen, erteilte Scholz eine Absage: „Da wir daran festhalten, keine neuen Schulden machen zu wollen, wüsste ich nicht, woher wir das Geld nehmen sollten.“

Auch die Kaffeehauskette Starbucks ist im Visier der europäischen Steuerbehörden

Scholz plant gleichzeitig eine höhere Besteuerung von internationalen Großkonzernen wie Amazon, Facebook oder Starbucks und setzt dabei auf die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump. „Diese Gewinnverschiebung in Länder mit wenig oder gar keinen Steuern müssen wir stoppen“, sagte der Finanzminister. Er wolle deshalb auf internationaler Ebene eine Mindestbesteuerung von Unternehmen durchsetzen. Dafür stünden die Chancen gut: „Wir bewegen das Thema mit Frankreich und Japan bei G7 und G20. Und wir haben wohl die US-Regierung als Bündnispartner auf unserer Seite.“

Zur Durchsetzung einer solch weltweiten Lösung hat sich Scholz eine Frist gesetzt: „Klappt das nicht bis zum OECD-Treffen im Sommer 2020, setzen wir gemeinsam mit Frankreich eine europäische Lösung durch. Dann würden verbindlich ab Januar 2021 EU-weit Steuerregeln für solche internationalen Großkonzerne greifen.“

Scholz als Kanzlerkandidat

Scholz brachte sich auch als möglicher Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten in Stellung. „Die SPD will den nächsten Kanzler stellen“, sagte der Vizekanzler der „Bild am Sonntag“. Auf die Frage, ob er selbst sich das Amt des Bundeskanzlers zutraue, erklärte er: „Ja. Frau Kramp-Karrenbauer hat gerade gesagt, dass von einer Parteivorsitzenden erwartet wird, dass sie sich das Amt zutraut. Für einen Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland gilt das Gleiche. Weder bei der Union noch bei uns steht diese Frage heute aber an.“

Im Hinblick auf eine mögliche Urwahl des SPD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl verwies Scholz auf seine persönlichen Beliebtheitswerte: „Wenn man Umfragen trauen darf, zähle ich schließlich zu den Politikern mit hoher Unterstützung bei Bürgerinnen und Bürgern und SPD-Anhängern.“ Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte sich kürzlich für eine solche Urwahl ausgesprochen und in seiner Partei Zuspruch für den Vorschlag erhalten.

cgn/ml (afp, rtr)

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