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Deutschland - 09.07.2019

Kinder, Finger weg von „Alexa“!

Es soll ja Menschen geben, die in ihrem Leben schon sehr auf Sprachassistenten setzen. Und es gibt andere, die warnen sogar vor den Sprechdingern, die angeblich so viel können. Letztere sitzen zum Beispiel im Bundestag.

Der Deutsche Bundestag ist ein Ort, in dem Traditionen hochgehalten und Innovationen freudig begrüßt werden. Wobei Neuerungen mitunter Probleme mit sich bringen. Erinnert sei daran, wie sich Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) 2017 einmal kritisch über die Nebenwirkungen des Kurznachrichtendienstes Twitter äußerte. Es sei unangemessen, diesen aus dem Bundestag heraus zu nutzen, ermahnte Schäuble die Abgeordneten. Und erntete dann, für einen Bundestagspräsidenten ebenfalls unangemessen: Spott.

Den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, der ebenfalls über einen tadellosen Ruf verfügt, hat diese Episode nicht davon abgehalten, sich über eine andere Form modernster Kommunikation zu beugen und dabei zu einem bedenklichen Urteil zu kommen: den Sprachassistenten „Alexa“, unters Volk gebracht vom US-Riesen Amazon. Heraus kommt eine Warnung vor „Alexa“, vom Bundestag höchstselbst. Oha!

Risiken und Nebengeräusche

Demzufolge birgt der Sprachassistent, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) unter Berufung auf den Wissenschaftlichen Dienst des Parlaments berichtet, Risiken für Minderjährige und unbeteiligte Besucher. Konkret geht es darum, dass Kinder persönliche Informationen preisgeben oder mit ihrer Stimme Inhalte abrufen könnten, die für Minderjährige nicht geeignet seien. Außerdem stelle sich die Frage, was mit Besuchern ist, die nicht wissen, dass die Software in dem besuchten Wohnzimmer gerade aufzeichnet – auch wenn die Aufzeichnung in der Regel nur wenige Sekunden dauert. Das kann ja alles passieren.

Der Wissenschaftliche Dienst hat laut dpa ein Gutachten erstellt, in dem es heißt, dass Amazon der Pflicht zur Informationsvermittlung bei der Datenerhebung von Nutzern ausreichend nachkommen dürfte. „Offen bleibt jedoch, wie unbeteiligte Dritte und Minderjährige von der Datensammlung ausgeschlossen werden können.“ Mit Blick auf die USA sei außerdem unklar, „zu welchen weiteren Zwecken Amazon seine Daten zukünftig nutzen könnte“, heißt es in dem Gutachten weiter. Auch ein Datendiebstahl aus der Amazon Cloud könne nicht ausgeschlossen werden.

Was nun? Das Bundesinnenministerium fühlt sich in der Sache dem dpa-Bericht zufolge nicht zuständig. Ein Sprecher erklärte auf Anfrage: „Die Nutzung der Sprachassistenten betrifft Datenverarbeitungen durch nichtöffentliche Stellen.“ Die Datenschutz-Grundverordnung der EU lasse den nationalen Gesetzgebern so gut wie keinen Regelungsspielraum. Datenschutz-Grundverordnung, Regelungsspielraum: Wahrscheinlich sind das ohnehin keine „Alexa“-tauglichen Worte. 

„Alexa, bitte Weißwein einschenken!“ Klappt in aller Regel nicht, dieser Befehl …

Intensiver beschäftigt hat sich auch der fraktionslose Bundestagsabgeordnete Uwe Kamann mit der Materie. Denn der hatte den Wissenschaftlichen Dienst des Parlaments nach „Alexa“ gefragt. „Wir müssen darauf dringen, dass die Einwilligungserklärung für den Nutzer auf die Gefahren und Möglichkeiten hinweist, die mit der Übertragung und Nutzung der Daten sowie der Daten von Dritten, die sich zufällig im Raum befinden, hinweist“, erklärte Kamann, der sich als IT-Unternehmer mit dem Themenbereich beschäftigt, 2017 für die AfD in den Bundestag einzog und im Dezember 2018 Partei und Fraktion verließ. Eine Einwilligungserklärung müsse detailliert erfolgen, „und nicht indem man nur einmal ein Häkchen für alles setzt“. Der Wissenschaftliche Dienst hält sicherheitshalber fest: „Angaben zur Speicherungsdauer sind in den Nutzungsbedingungen von Amazon nicht ersichtlich.“

Keine Identifizierung, biometrisch gesehen

Die Amazon-Software sendet erst dann Sprachdaten, wenn der Nutzer ein Aktivierungswort ausspricht – zur Auswahl stehen „Alexa“, „Computer“, „Echo“ oder „Amazon“. Der Hersteller bietet seinen Kunden zwar neuerdings mit dem Befehl „Alexa, lerne meine Stimme“ die Möglichkeit, ein persönliches Stimmprofil einzurichten. Solche Stimmprofile werden aber nach Angaben eines Amazon-Sprechers nur genutzt, „um das individuelle Nutzererlebnis zu verbessern“. Eine biometrische Identifizierung, die Voraussetzung für das Sperren einzelner Profile wäre, könne so nicht stattfinden, erklärte der Sprecher weiter.

Fazit: Wer also Sorgen hat vor der Benutzung des modernen Spracherkennungs-Zeugs, der sollte daheim die Parole ausgeben: Kinder, Finger weg von „Alexa“! Das klappt bestimmt prima, wenn man das Gerät schon gekauft hat.

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