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Deutschland - 17.06.2019

Duisburg setzt auf die Supermacht China

Duisburg ist in China bekannter als Berlin. Für die gebeutelte deutsche Stadt ist der asiatische Partner ein Lichtblick. 37 Jahre Städtepartnerschaft mit Wuhan, beliebter Firmenstandort, Endpunkt der Neuen Seidenstraße.

Jede Woche fahren rund 35 Züge zwischen dem Duisburg Hafen und China

Im Büro von Gabriele Rüken liegen Chinesisch-Lehrbücher auf einem Konferenztisch. Chinesische Teller und ein Miniatur-Parawan zieren die andere Seite des Raums. An der Wand hängt ein chinesisches Gedicht.

„Die Entwicklung ist eindeutig. Wir kommen um China nicht mehr herum. Wir pflegen intensive kulturelle und ökonomische Verbindungen“, sagt Rüken. Sie ist Schulleiterin am Max Planck Gymnasium und hat eine wegweisende Entscheidung getroffen. Ab dem nächsten Jahr können ihre Schüler und Schülerinnen ab der siebten Klasse Chinesisch lernen. Seit‘ an Seit‘ mit Französisch und Englisch.

Mei Lin-Schlag lehrt schon jetzt Chinesisch an der Schule, derzeit nur für die älteren Oberstufenschüler. Die Jugendlichen seien fasziniert von der Sprache. „Die Schriftzeichen und die Tonalität sind interessant für die Schüler“, sagt sie. „Die Worte ‚riechen‘ und ‚fahren‘ klingen beispielsweise sehr ähnlich.“

Für die Schulleiterin Rüken schließt das Angebot eine Marktlücke: „Wir vermitteln hier ein realistisches Bild. Die Schüler sollen durch die Sprache die Dinge so sehen können, wie sie sind. Für die Unternehmen in Duisburg werden die Absolventen mit Chinesisch-Kenntnissen besonders interessant.“

Schulleiterin Gabriele Rüken will ihre Schüler am Max Planck Gymnasium für die Zukunft rüsten

Verbundenheit dauert schon Jahrzehnte an

Eine 37 Jahre alte Städtepartnerschaft mit der Stadt Wuhan habe den Grundstein gelegt, sagt Duisburgs China-Beauftragter Johannes Pflug. Mittlerweile lernen rund 2000 chinesische Studenten an der Universität, 100 chinesische Unternehmen sind in der Stadt angesiedelt. Die Stadt ist für Chinesen immer interessanter geworden. „Wir sind im Gespräch mit einem Investor aus China, der ein Gelände am Hautbahnhof kaufen will“, berichtet Pflug. „Das ist genau das, was wir wollen.“

Und das hat die Stadt auch nötig. Einst war Duisburg wichtiger Standort für die Stahl- und Kohleindustrie. Als diese zurückgefahren wurde, stieg die Zahl der Arbeitslosen. Heute liegt die Arbeitslosenquote in Duisburg bei rund elf Prozent. Zum Vergleich: Deutschlandweit sind es nur 4,9 Prozent.

Starke wirtschaftliche Verbindungen

Ein wichtiger Hoffnungsträger ist der Hafen. Innerhalb von 20 Jahren sind hier 7000 Jobs entstanden. Auch dank der Chinesen. Denn ein Strang der Neuen Seidenstraße endet in Duisburg. Die Neue Seidenstraße ist eines der wichtigsten chinesischen Wirtschaftsprojekte. Ein riesiges Schienennetz soll Asien mit Europa verbinden. Mehr als 100 Länder sind involviert. 

Duisburg ist für dieses Vorhaben von entscheidender Bedeutung, denn hier liegt der größte Binnenhafen der Welt. Acht Containerterminals fertigen die täglichen Lieferungen ab und leiten sie weiter an Ziele in ganz Europa. Mehr als 35 Güterzüge verkehren wöchentlich zwischen Duisburg und China. Der Trend geht nach oben.

„Wir bedienen etwa ein Dutzend chinesischer Städte und Provinzen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Duisburger Hafens, Erich Staake. „Wir erhoffen uns davon große Wachstumschancen.“ Etwa 30 Prozent des gesamten Handels per Güterzug zwischen Europa und China werde bereits über den Duisburger Hafen abgewickelt. Noch allerdings profitiert vor allem der fernöstliche Partner von der Kooperation. Auf drei volle Container aus China geht nur ein voller Container zurück nach Asien.

Chinesische Container werden per Güterzug nach Duisburg gebracht

Es kommt auf die Kooperation an

Dennoch ist es schwierig, Kritiker des chinesischen Einflusses in Duisburg zu finden. Für die meisten ist China ein Hoffnungsträger, trotz der internationalen Spannungen mit den USA.

Rechtsanwalt Thomas Pattloch berät Unternehmen im Umgang mit chinesischen Partnern. Er warnt vor zu viel Blauäugigkeit: „Die Deutschen sind extrem naiv, wenn sie mit chinesischen Partnern verhandeln. Sie sind schlecht informiert, viel schlechter als die chinesische Seite. Die Verhandlungstechnik, die in China zum Kulturkreis, zum Leben gehört, wird völlig unterschätzt.“

China-Beauftragter Pflug weiß um die Gefahr, betont aber: „Die Chinesen haben sich bisher als absolut faire Geschäftspartner bewiesen. Wir sind auf gleicher Augenhöhe.“ Allerdings sei der Markt in China immer noch sehr verschlossen und kaum zugänglich.

Auch Pattloch schließt nicht aus, dass es mit chinesischen Unternehmen sehr gute Partnerschaften geben könne. „Einerseits gibt es kulturelle Besonderheiten, andererseits verlaufen viele Verhandlungen erstaunlich nach ‚business as usual‘.“ Allerdings gelte das nicht für alle Geschäftspartner. Besonders im Bereich der Datensicherheit und Telekommunikation müsse man die Grenzen des chinesischen Gegenübers kennen.

Heikles Terrain Datensicherheit

Und da wird es auch in Duisburg kritisch. Der Stadtdezernent für Digitalisierung, Martin Murrack, empfängt in seinem Büro im Rathaus. Er hat sich viel Kritik anhören müssen in den vergangenen Monaten, denn Duisburg will eine Smart City werden – und ein Partner dabei heißt Huawei. Das ist genau der Konzern, den die USA Mitte Mai auf eine Schwarze Listesetzten. Der Vorwurf: Huawei könnte Daten an den chinesischen Geheimdienst weiterleiten. Besonders beim Ausbau des 5G-Netzes könne Huawei nicht getraut werden.

Martin Murrack ist für die Entwicklung Duisburgs zu einer Smart City zuständig

Murrack ist bemüht, die Wogen zu glätten. „Huawei ist nur ein Partner von vielen in unserem Smart City-Konzept. Und wir haben keine Exklusivität zugesagt. Wir sind nicht verpflichtet, auf die Dienste Huaweis zurückzugreifen.“ Die Daten der Duisburger würden ohnehin nicht an Huawei gehen. Die lägen sicher auf einem lokalen Server.

Plötzlich ist die internationale Politik in das Duisburger Rathaus eingezogen. Obwohl die Bemühungen groß sind, sie außen vor zu halten. „Uns steht es nicht zu, internationale Zusammenhänge zu kommentieren. Wenn die Bundesregierung sich entschließt, einem Unternehmen nicht mehr zu trauen, halten wir uns natürlich daran“, sagt Murrack.

Vertrauen in einen unbekannten Partner

Für Anwalt Pattloch handelt es sich hierbei um das „vielzitierte Sich-Entscheiden-Müssen“. Es helfe nichts, sagt er. „Das Misstrauen zwischen Ost und West ist in letzter Zeit enorm gewachsen. Es wird mehr Kontrolle erfordern, mit personenbezogenen Daten zu arbeiten. Es muss klar sein: Ein Unternehmen wie Huawei kann gar nicht Nein sagen, wenn der chinesische Staat etwas fordert.“

China schließt in Duisburg eine Lücke. In der Stadt mit ansonsten wenig Perspektive tratu man dem Partner aus Fernost einiges zu. Bisher haben die Duisburger gute Erfahrungen gemacht, aber das asiatische Partnerland bleibt auch fremd. Im Büro des China-Beauftragten hängt ein längliches Schriftstück mit chinesischen Schriftzeichen darauf. „Das ist mein Name“, erklärt Pflug. Daneben stehen weitere Schriftzeichen. Was die bedeuten, wisse er nicht so genau.

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