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Deutschland - 13.11.2018

Alice Weidel wegen Spende unter Druck

Die Co-Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag Alice Weidel ist wegen einer illegalen Parteispende in Deutschland in die Kritik geraten – auch innerhalb der Partei. Steckt ein parteiinterner Machtkampf dahinter?

Spenden sind in Deutschland erst einmal ein ganz normaler Weg, über den sich Parteien Geld beschaffen. Sie sind neben den Beiträgen der Mitglieder und staatlichen Zuschüssen die dritte Haupteinnahmequelle. Doch der Anteil variiert. Bei der Partei von Angela Merkel, der CDU, machen Spenden 15 Prozent aus. Bei der „Alternative für Deutschland“ (AfD) waren es dagegen im Jahr 2016 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – mehr als ein Drittel. Das liegt auch an der vergleichsweise kleinen Anzahl zahlender Mitglieder – AfD: 33.000 und CDU: 420.000 (Zahlen von 2018). Die AfD ist also vergleichsweise stark auf Spenden angewiesen.

Das Thema Partei-Spenden ist in Deutschland ein hoch sensibles Thema. Denn Parteien sind der Allgemeinheit verpflichtet. Spenden sollen nicht die Programme der Parteien beeinflussen. Deshalb müssen die Parteien genau Buch über ihre Spenden-Einnahmen führen. Spenden über 50.000 Euro müssen sogar unverzüglich dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden. Aber nicht immer halten sich alle an die Spielregeln. So war es ein Spendenskandal ihres Vorgängers Helmut Kohl, den Merkel 1999 nutzte, um damals an die CDU-Spitze zu kommen.

Zu späte Rückzahlung?

Es gibt klare No-Gos. Anonyme Spenden über 500 Euro sind nicht erlaubt – ebenso wie die meisten Spenden aus Nicht-EU-Ländern. Eine solche Spende aber ging im Sommer kurz vor der Bundestagswahl an die AfD, genauer an den AfD-Kreisverband von Alice Weidel mit dem Hinweis „Wahlkampfspende Alice Weidel“. Weidel war Spitzenkandidatin der AfD für die Bundestagwahl Ende September. Außerdem ist sie Co-Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag.

In mehreren Tranchen von umgerechnet knapp 8000 Euro sind 130.000 Euro von der Schweizer Firma „PWS Pharmawholesale International AG“ geflossen. Zwar hat die AfD die Spende zurückgezahlt – aber erst im April 2018. Die Firma soll die Überweisung „treuhänderisch“ für einen Freund getätigt haben, ohne Wissen, dass das Geld an die AfD ging. Der Chef von PWS habe dem „Freund“ damit einen Gefallen tun wollen. Wer dieser „Freund“ ist, blieb unklar.

Von der Bundestagsfraktion kam ein Tag nach der Veröffentlichung der Vorgänge am Wochenende durch einen öffentlich-rechtlichen Rechercheverbund und der überregionalen „Süddeutschen Zeitung“ eine eigene Schilderung. Die Spende sei nicht an Frau Weidel gegangen. Sie habe keinerlei Informationen über den Spender. Stattdessen habe die Schatzmeisterin des Kreisverbandes beim Landesverband nachgefragt, wie mit der Spende zu verfahren sei. Von dort sei die Spende als „unproblematisch“ einstuft worden. Als später Zweifel an der Rechtmäßigkeit aufkamen, habe Frau Weidel empfohlen, die Spende zurückzuzahlen, heißt es in einer Stellungnahme der AfD-Fraktion. Das heißt, nach Auffassung der AfD-Faktion, trägt Weidel keine Schuld.

Bundestag fordert Stellungnahme

Am Montag schaltete sich die Bundestagsverwaltung ein. Unzulässige Parteispenden müssten entweder unverzüglich zurückgeleitet oder an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden, hieß es in einer Mitteilung. Vor diesem Hintergrund wurde der AfD-Bundesverband zu einer Stellungnahme aufgefordert und eine Frist von vier Wochen gesetzt. Auch aus der Grünen-Fraktion kam die Aufforderung nach Aufklärung. In der AfD-Führung selbst werde nach Informationen aus AfD-Kreisen das weitere Vorgehen derzeit beraten.

Machtkampf der Parteiflügel

Interessant war die Reaktion aus Weidels Landesverband in Baden-Württemberg. AfD-Landeschef Ralf Özkara erklärte, sollte die Spende illegal sei, erwarte er, dass Weidel von allen Ämtern und Mandaten zurücktrete.

Diese ungewöhnlich radikale Reaktion könnte aber auch andere Hintergründe haben. Zum einen könnte Özkara von einer eigenen Mitschuld ablenken wollen. Schließlich sei, so die Schilderung der AfD-Bundestagsfraktion, sein eigener Schatzmeister des Landesverbandes von den Vorgängen informiert gewesen.

Zum anderen sind Özkara und Weidel alte Konkurrenten. Im März 2017 konnte Özkara sich in einer Stichwahl gegen Weidel als AfD-Landesvorsitzender durchsetzen. Özkara war schon Büroleiter von Jörg Meuthen, einem der beiden Bundesvorsitzenden der AfD. Weidel wird dem gemäßigten Parteiflügel zugerechnet, Meuthen hat enge Verbindungen mit den Partei-Radikalen um Björn Höcke. Meuthen soll im Hintergrund die Fäden gezogen haben und damit Özkara zu Sieg verholfen haben.

Ralf Özkara (ganz rechts) bei einem Treffen der Partei-Radikalen neben Jörg Meuthen

Seither gilt das Verhältnis zwischen Meuthen und Weidel als gestört. Bei den letzten AfD-Vorstandswahlen im Dezember 2017 soll auch das Duo Özkara-Meuthen dafür gesorgt haben, dass sich der Wunschkandidat der Gemäßigten um Weidel für die Parteispitze nicht durchsetzen konnte.

Die AfD ist bekannt für ihre Machtintrigen. Wer Weidel beschädigen wollte, hat dies mit der jetzt veröffentlichten Spendenaffäre jetzt medienwirksam getan.

Alice Weidel lehnt Rücktritt ab

Weidel selbst erklärte am Montag, sie schließe „persönliche Konsequenzen“ aus. Auch sie verwies auf den Landesschatzmeister. Von dort sei keine konkrete Antwort gekommen. Sie sei davon ausgegangen, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit beim Landesschatzmeister in guten Händen sei, „ich habe daher zunächst keine Notwendigkeit gesehen, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden“. Die gesamte Summe sei schließlich an das Unternehmen zurück überwiesen worden.

Auch der AfD-Kreisverband meldete sich zu Wort. Das Geld sei nie verwendet worden, heiß es von dort. Nach Abschluss der Prüfung habe man das Geld umgehend zurück überwiesen. „Es hat mich schon überrascht, dass das jetzt wieder hoch kommt“, sagte ein Sprecher.

Der Vorgang hat noch weitere interessante Aspekte. Der Landesschatzmeister Frank Kral war bis vor kurzem in Finanzfragen für den Aufbau der AfD-Bundestagsfraktion zuständig. Er wurde rund vor einem Monat entlassen. Der Grund: Ein von der Fraktionsführung beauftragter Wirtschaftsprüfer hatte ihm ein finanzielles Durcheinander attestiert. Kral will gegen seine Entlassung rechtlich vorgehen. Das letzte Wort in der Spendenaffäre ist also noch nicht gesprochen.

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